ProQ
Folgende Darstellung ist keine offizielle Eigendarstellung des Projekts ProQ, sondern eine kritische Außensicht
ProQ ist die eine Initiative des Studentenrats der TU Dresden, um zusammen mit den Rektorat ein System zur Systemakkreditierung an der TU Dresden zu erarbeiten. Die Zusammenarbeit soll auf Augenhöhe und nicht konfrontativ erfolgen, was einerseits löblich ist, andererseits die tatsächliche Konstellation und Interessenlage verkennt. Die tatsächliche Lage sieht so aus, dass die Universität den Studentenrat nur über die von ihr gewünschten Schritte informieren muss (das „Benehmen“ herstellen), Zusammenarbeit auf Augenhöhe erfordert aber, dass nicht ein Partner vom Verhandlungstisch aufstehen und sagen kann „so wird es gemacht!“. Darüber wie es um die Interessen der einzelnen Beteiligten bestellt ist unten mehr. Das Projekt läuft seit Mitte Mai 2009 und verfolgt, im einzelnen, folgende Ziele
- Analyse von Zielen und Kriterien einer möglichen Systemakkreditierung
- Erarbeitung des derzeitigen Stands an der TUD und an anderen Universitäten
- Recherche zu verschiedenen Verfahren (Referenzen, Effektivität, Effizienz)
- Untersuchung der Umsetzbarkeit an der TUD
- Erarbeitung eines praxistauglichen Vorschlags zur Qualitätssicherung
Inhaltsverzeichnis
Interessengefüge
Was will das Rektorat
Das Rektorat muss zuerst einmal sicherstellen, dass alle Studiengänge der TU Dresden akkreditiert werden. Akkreditierung bedeutet dass durch einen Prozess der Begutachtung sichergestellt wird das Studiengänge bestimmten, allerdings rein formalen, Anforderungen genügen. So darf es beispielsweise nur eine bestimmte Anzahl an Prüfungen geben, über deren Länge ist aber nichts gesagt und so kann der Student durch diese Regelung hinterher durchaus auch schlechter dastehen als vorher. Diese Akkreditierung wurde durch das neue sächsische Hochschulgesetz für jede sächsische Hochschule zur Pflicht und jede Uni die nicht mittelfristig damit beginnt wird den Zorn des Ministeriums für Wissenschaft und Kultus zu spüren bekommen und sich bald darauf über einen deutlich geschrumpften Etat freuen dürfen.
Die Hochschulen müssen also akkreditieren. Das Problem damit ist, dass Akkreditierung teuer und für die einzelnen Fakultäten und Fachrichtungen, die an der Erstellung von Studiengängen arbeiten, auch mit erheblichen Aufwand bei unklaren Nutzen verbunden ist. Bisher bezahlt die Universität wenn sie einen Studiengang akkreditieren möchte Geld an externe Dienstleister („Akkreditierungsagenturen“ führen für einzelne Studiengänge eine Programmakkreditierung durch). Bisher wird dafür noch nicht allzu viel Geld ausgegeben weil noch kaum ein Studiengang akkreditiert ist, wenn aber alle Studiengänge akkreditiert werden müssen, wird es doch recht teuer. Grob geschätzt hat die TU-Dresden 50 Studiengänge und eine Akkreditierung kostet etwa 15000 €, jeder Studiengang muss alle 5 Jahre einmal akkreditiert werden, das macht also im Jahr 150000 €. Davon könnte man auch 2 gut qualifizierte Vollzeitstellen bezahlen, um damit die eigenen Studiengänge selbst zu akkreditieren (Systemakkreditierung) und wenn man ein wenig knausert auch noch ein bisschen Geld sparen, besonders wenn man noch die eine oder andere schon vorhandene Verwaltungsstelle um widmet.
Viel gravierender aber ist, dass das Rektorat auf Angestellte in ganz anderer Weise Einfluss nehmen kann als auf externe Gutachter einer Akkreditierungsagentur. Bisher haben die Fakultäteten und Fachrichtungen die Studiengänge weitgehend selbstständig so gestaltet, wie es der jeweiligen Fachkultur am besten entsprach und das Rektorat hat sich nur bei schwerwiegenden Problemen (i.d.R. Konformität zu gesetzlichen Regelungen) eingeschaltet. Ein ziemlich pluralistisches System, mit dem viele Studiengänge recht gut gefahren sind, dass aber natürlich auch Ausreißer nach unten zugelassen hat. Im neuen System hat das Rektorat natürlich wesentlich mehr Einflussmöglichkeiten, so können über den Zwang zur Systemakkreditierung nicht nur qualitätsbezogene Vorgaben umgesetzt, sondern durchaus auch fachlich/inhaltliche. Durch diese neuen Einflussmöglichkeiten könnte das Rektorat vielleicht die erwähnten Ausreißer nach unten verhindern, allerdings um den Preis, dass Ausreißer nach oben durch die verstärkte Regulierung ebenfalls behindert würden. Aber möchte das Rektorat überhaupt die Qualität am unteren Rand anheben?
Primär möchte sich jede Organisation erst einmal selbst erhalten (die eigenen Arbeitsplätze) und die Universität braucht dafür im wesentlichen Steuergeld. Diese Mittel kommen vom Land Sachsen, zum Teil als feste Zuteilung, aber auch als leistungsorientierte Mittel. Die leistungsorientierten Mittel werden im wesentlichen nach der Anzahl der Studenten (Lehre) und der Höhe von Drittmittel (Forschung) aber auch nach den Stand der Profilierung verteilt. Diese leistungsorientierten Mittel sollten 2010 etwa 15 Mio € umfassen, ein starker Anreiz für die Universitäten mehr „zu leisten“. Wie aber misst man die Leistung der Universitäten im Bezug auf die Verbesserung der Qualität? Indem prüft ob alle Studiengänge einer Hochschule akkreditiert sind. Sobald das der Fall ist gibt es Geld und wenn das nicht der Fall ist eben nicht. Sobald die Hochschule sich also selbst die formale Korrektheit ihrer Studiengänge bestätigt hat, ist das mangels weiterer Anreize das Ende aller Bemühungen zur Verbesserung der Qualität.
Wie kommt die Hochschule jetzt an noch mehr leistungsorientierte Mittel, um sich bei schwindenden Zuweisungen über Wasser zu halten? Indem sie sich profiliert. Das heißt indem sie sich Alleinstellungsmerkmale schafft um im „Wettbewerb“ mit anderen Hochschulen bestehen zu können. Das Ministerium stellt sich das zum Beispiel so vor, dass es, von den Massenfächern abgesehen, jedes Fach nur noch an einen Hochschulstandort geben soll, weil das „effizienter“ ist. Wie das konkret aussieht kann man gerade bei der Lehrerausbildung beobachten die nach dem Willen des Ministeriums nur noch in Leipzig angesiedelt werden soll, wobei selbst die Universität Leipzig davon ausgeht, die dafür notwendigen Kapazitäten gar nicht bereitstellen zu können. Hier werden staatsinterventionistische, zentralistische Entwicklungen mit einer liberale Rhetorik und Terminologie flankiert, wobei es im Kern um die Zerschlagung der Autonomie der Hochschulen bzw. der Gruppenuniversität geht.
Das Rektorat verbindet also 3 wesentliche Ziele mit der Einrichtung der Systemakkreditierung:
- Vermeidung von Sanktionen, durch mittelfristige Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben.
- Vermeidung zusätzlicher Kürzungen aufgrund formaler Versäumnisse bei der Akkreditierung
- Erschließung zusätzlicher Mittel, die im „Wettbewerb“ anderen Universitäten abspenstig gemacht werden