Reaktion zur VV von Robert Meißner - Ideen zur Protestaktion (08. Dezember 2009)

Aus POT81
Wechseln zu: Navigation, Suche

Sehr geehrte Besetzende des Pot81,

am 12.12.2007 besetzten Aktivisten der Robin Wood-Bewegung eine Buche an der Stelle an der in Zukunft die Zufahrt zur Waldschlösschenbrücke sein soll. Auf ihrer Internetseite beschreiben sie dies, als die längste Besetzung in den 25 Jahren in denen Robin Wood existiert. Und doch mussten sie weichen. Der Baum fiel und die Brücke wird gebaut.

Mit großen Erwartungen ging ich heute in die von euch veranstaltete Vollversammlung. Ich erwartete Ziele, Richtlinien und vor allem das uns klar gemacht wird worum es geht: um unsere Zukunft, um die Zukunft eines freien Studiums und vor allem um die Zukunft derer die nach uns kommen und darauf setzen, dass wir ihre Zukunft nicht verbauen, nein viel mehr nicht verbauen lassen. Wofür ihr kämpft ist ungleich viel wichtiger als das Ziel Robin Woods: Bildung für alle ohne Einschränkung. Ein erstrebenswertes Ziel in meinen Augen. Doch was heute gesagt wurde, schreckte mich eher ab, ja ich fühlte mich schon fast wie in einem Schlaraffenland der Forderungen und Reformwünsche – nur wusste niemand so recht was er/sie wollte. Nach einiger Beweihräucherung wie toll die Besetzung doch sei, viel unter anderem der Satz „Ihr macht alles richtig!“ Nun ja, wenn ich meine Kommilitonen frage was sie von der Besetzung des POT81 halten, ernte ich leider viel zu oft Kopfschütteln. Auch mir selbst ist nicht recht klar wohin ihr wollt. Könnte es vielleicht sein, dass uns ein Fehler unterläuft, ein Fehler, welcher auch Robin Wood am Ende versagen ließ? Der Fehler sich auf seinem Baum, respektive in seinem Bau, einzunisten, um von Zeit zu Zeit herauszukommen auf den Putz zu hauen und wieder hineinzukriechen? Eine Mehrheit erringt man, indem man Menschen auffordert, sie informiert, in ihnen Interesse weckt. Dafür müssen sie allgemein darüber Bescheid wissen, worum es geht, was die Argumente und vor allem die Gegenargumente für eure Sichtweise sind. Demokratie ist nur so stark wie das Gleichgewicht, in dem sich die konkurrierenden Parteien befinden. Und zurzeit besteht gewiss kein Gleichgewicht.

Darum denke ich folgendes:

Der Pot81 darf nicht mehr Mittelpunkt und Zentrum der Proteste sein, sondern er muss Sprungbrett in die normale Welt draußen sein. Anstatt im Hörsaal zu diskutieren und Plenums zu halten, sollten die Menschen hinausgeschickt werden, z.B. zum Hauptbahnhof, an den Albertplatz und andere zentrale Orte. Dort sollten die Leute darüber informiert werden, warum ihr protestiert, warum ihr gegen die Veränderungen seid, die gerade stattfinden, ohne ihnen eure Meinung aufzudrücken. Eine Mehrheit gewinnt ihr nur, indem ihr auf die Mehrheit zugeht. Denn zurzeit besteht die Mehrheit aus denen, die sich nicht für das interessieren, was ihr da tut. Die Beschlüsse, die jetzt getan werden und gegen die ihr protestiert, entstehen doch auch dadurch, dass Menschen über unseren Nachwuchs bestimmen wollen. Werden diese Menschen davon überzeugt, dass da was falsch im Staate Sachsen läuft, dann wird sich auch etwas ändern. Dafür müsst ihr aber zum einen Kompromisse statt unhaltbare Forderungen - z.B. weltweite Abschaffung von Studiengebühren, die UN schafft es noch nicht mal jedem Kind Bildung zu garantieren, wie wollt ihr da so etwas durchsetzen – aufstellen. Zum anderen muss klar erkennbar werden was ihr wollt, dreißig verschiedene Forderungen überlasten selbst Gedächtnisprofis. Werdet klar, werdet prägnant, werden strukturiert, aber vor allem werdet präsent – auf eine angenehme Art und Weise. Wer mit Trommeln und lauter Musik die Leute dazu bringen will, vorbei zukommen, wird den ruhigen Kern nie erreichen. Wer Plakate und Flyer in der Uni verteilt, wird den Rest der Stadt kaum erreichen. Wer nur in seinem Bau sitzt wird entweder rausgeholt oder – wie es derzeit passiert - einfach ignoriert.

Sucht den Kontakt, geht auf die Menschen zu, fragt sie was sie von den Veränderungen halten, bringt sie zum umdenken. Alles das schafft man durch Realismus, nicht durch gut klingende Forderungen aus den Ideologien des 19. Und 20. Jahrhunderts. Und vor allem nicht dadurch, dass man meint alles richtig zu tun. Ihr habt alles richtig getan, wenn die Menschen überall von euch reden. Dann ist es eine wahre Protestaktion – vorher nur eine Gruppe von Aktivisten wie Robin Wood auf ihrem Baum. Und dieser Baum darf nicht abgesägt werden.

In Kürze:

  • findet eine prägnante Formel für eure Ziele
  • Bezieht alle Leute mit ein
  • macht Kompromisse
  • werdet allgemein präsent

Ich würde mich sehr über eine Diskussion dieser Ideen freuen - schließlich können wir alle nur dadurch lernen.

Meine Hoffnung ist, dass sich durch diese Änderungen, der Erfolg der Bewegung erhöhen wird.

Für eure täglichen Anstrengungen zolle ich meinen Respekt.


Robert Meißner, 21, Physikstudent

Antwort vom

Hallo Robert,

vielen Dank für Deine konstruktive Kritik. Du hast damit auch verdammt recht. Durch unseren allumfassenden Personalmangel können wir aber nur versuchen, nach und nach den Protest zu formen.

Am Anfang haben wir mobilisiert und damit bis jetzt 30 dauerhaft Aktive erreicht - inhaltliche Arbeit gab es nicht. Dann stürzten wir uns in inhaltliche Arbeit - das wiederum ging zu Lasten der Mobilisierung und auswärtigen Information.

Wir werden jetzt, nach der Vollversammlung (die auch für uns eine neue Erfahrung war und dennoch überwältigend), alles versuchen, um in den Köpfen der Menschen anzukommen. Deine Punkte haben auch zu diesem Gedankenschritt in unseren Köpfen beigetragen. Danke noch einmal dafür!

Sollte es Dir möglich sein, schau doch auch einmal bei uns vorbei. Unterstützung können wir immer brauchen.

Viele Grüße, die Studierenden des POT81