GEW-Newsletter Hochschule und Forschung 27.11.2009: Bildungsgewerkschaften unterstützen europaweite Bildungsproteste

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Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

aus Anlass der europäischen Konferenz des internationalen Dachverbands der Bildungsgewerkschaften, der Bildungsinternationale (Education International), der vom 23. bis 25. November in Warschau stattfand, haben die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die österreichische Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) einen gemeinsamen Aufruf zur Unterstützung der aktuellen Bildungsproteste vorgelegt. Ausgehend von Österreich und Deutschland haben Studierende, Schülerinnen und Schüler Protestaktionen gegen die Bildungskatastrophe gestartet. Sie werden von Lehrerinnen und Lehrern, Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern unterstützt. Derzeit entwickelt sich eine breite europäische Bewegung für eine Kehrtwende in der Bildungspolitik. Deshalb haben GEW und GÖD diesen Aufruf vorgelegt und laden Bildungsgewerkschaften in ganz Europa ein, ihn mit zu unterzeichnen. Unterstützungserklärungen liegen bereits von Bildungsgewerkschaften aus Frankreich, Großbritannien, Kroatien, Lettland und Ungarn vor.

Lesen Sie nachfolgend den gemeinsamen Aufruf von GEW und GÖD in deutscher und englischer Sprache. Informationen zum europäischen Kongress der Bildungsinternationale finden Sie auf den Internetseiten der EI: www.ei-ie.org.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Andreas Keller


Höchste Zeit für eine Kehrtwende in der Bildungspolitik: Schülerinnen und Schüler, Studierende und Beschäftigte an Schulen und Hochschulen gemeinsam gegen die Bildungskatastrophe

Bildungsgewerkschaften unterstützen die europaweiten Protestaktionen

Es ist etwas faul in Europa. Schulen, Hochschulen und andere Bildungseinrichtungen sind chronisch unterfinanziert. Während über Nacht Milliarden Euro für die Rettung der Banken mobilisiert werden konnten, tun sich die Regierungen schwer, wenn es um die dringend erforderlichen Zukunftsinvestitionen in die Bildung geht. Junge Menschen werden durch ungleiche Bildungschancen und fehlende Ausbildungs- und Studienplätze ihrer Zukunftschancen beraubt. Kinder aus bildungsfernen und einkommensarmen Familien sind an den Hochschulen deutlich unterrepräsentiert. Der Bologna-Prozess hat ein besseres Studium und eine leichtere Mobilität versprochen, seine Umsetzung führt in vielen europäischen Staaten zu Verschlechterungen. Schulen und Hochschulen werden Markt und Wettbewerb ausgesetzt und zu Bildungs-Unternehmen umstrukturiert. Die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen im Bildungsbereich werden mehr und mehr flexibilisiert, befristete Beschäftigungsverhältnisse sind im Vormarsch. Darunter leiden die Qualität der Bildung und die Attraktivität der anspruchsvollen Berufe in Bildung und Wissenschaft.

Damit muss endlich Schluss sein. Es ist höchste Zeit für eine Kehrtwende in der Bildungspolitik, die Bildungsarmut bekämpfen, Chancengleichheit herstellen und gute Bildung für alle gewährleisten muss!

Deshalb fordern Bildungsgewerkschaften in ganz Europa:

  • eine deutliche Verbesserung der Finanzierung der

Bildungseinrichtungen nicht trotz, sondern wegen der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise: Investitionen in die Bildungseinrichtungen und in die Zukunftschancen junger Menschen sind das beste Konjunkturprogramm;

  • Chancengleichheit für alle jungen Menschen - durch eine gute Schule

für alle, die die Auslese der Kinder stoppt und ihre individuelle Förderung gewährleistet, durch eine leistungsfähige Ausbildungsförderung für alle Studierenden sowie die Reduzierung aller Bildungsgebühren von der Kita bis zur Uni mit dem Ziel der Abschaffung;

  • einen Kurswechsel bei der Umsetzung des Bologna-Prozess, der die

soziale Dimension des europäischen Hochschulraums stärkt, die uneingeschränkte Durchlässigkeit beim Übergang vom Bachelor zum Master gewährleistet, die Mobilität von Studierenden und Hochschulbeschäftigten fördert und die Qualität von Lehre und Studium verbessert;

  • Innovation durch Partizipation in Schulen, Hochschulen und anderen

Bildungseinrichtungen - durch einen Ausbau der Mitbestimmungsrechte von Beschäftigten sowie von Studierenden, Schülerinnen und Schülern;

  • eine Verbesserung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der an

den Bildungseinrichtungen Beschäftigten - durch mit den Gewerkschaften ausgehandelte, sozial abgesicherte und angemessen vergütete Beschäftigungsverhältnisse.

Die Qualität der Bildung und die Qualität der Arbeit sind zwei Seiten einer Medaille! Es ist höchste Zeit für eine Protestbewegung, in der Studierende, Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit Lehrkräften, Pädagoginnen und Pädagogen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und allen anderen im Bildungsbereich Beschäftigten an einem Strang ziehen, um den Forderungen nach einer Kehrtwende in der Bildungspolitik Nachdruck zu verleihen.

Gemeinsam gegen die Krise - für gute Bildung und gute Arbeit!


High time for a U-turn in education policy: Students and staff unite against educational ruin

Education unions support protests by students across Europe

There's something rotten in Europe. Schools, universities and other education establishments are chronically underfunded. Whereas billions of euros were mobilised overnight to salvage the banks, governments find it hard to put their fingers on the money so urgently needed to invest in the future by committing to education. Young people are deprived of prospects by a lack of education opportunities and a shortage of places to train and study. Children from families with little education and low incomes are severely under-represented in higher education. The Bologna Process promised better courses and easier mobility, but in many European countries its implementation is actually making things worse. Schools and universities are exposed to markets and competition and they are being restructured as education companies. Working conditions and terms of employment in the education sector are increasingly subject to demands for flexibility and fixed-term contracts are spreading fast. This is damaging the quality of education and the appeal of challenging professions in teaching and research.

We have to put a stop to this! It is high time for a U-turn in education policy, which should be aimed at fighting education poverty, creating equal opportunities and providing a decent education for all!

Therefore education unions all over Europe demand:

  • a marked improvement in funding for education establishments, not in

spite of the financial and economic crisis, but because of it: investing in education and in the future prospects of young people are the best stimulus package there is;

  • equal opportunities for all young people - founded on a solid

schooling for all which stops children being filtered out and ensures that every individual can develop, with effective grants for all students and a reduction and ultimately abolition of all education fees from nursery to university;

  • a change of tack for the Bologna Process which strengthens the

social dimension to the European Higher Education Area, ensuring an unconditional transition from a bachelor's to a master's degree, mobility for students and higher education staff and a boost to the quality of teaching and studying;

  • innovation through democratic participation in schools, universities

and other education institutions - with more consultation rights for staff and students alike;

  • improved working conditions and terms of employment for the staff of

education institutions - founded on employment contracts negotiated by their trade unions, social insurance rights and appropriate pay.

The quality of education and the quality of working in education are two sides to the same coin! The time has come for a protest movement in which higher education and school students join with teachers, researchers and everyone else working in the field to pull together, adding their combined weight to calls for a U-turn in education policy.

Together against the crisis - for decent education and decent work!



Dr. Andreas Keller

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Hauptvorstand

Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands

Leiter des Vorstandsbereichs Hochschule und Forschung

Reifenberger Str. 21, D-60489 Frankfurt a. M.

Tel.: +49 (0) 69 78973-314, Fax: +49 (0) 69 78973-103 email gelöscht, Internet: http://www.wissenschaft.gew.de