Antrittsrede Müller-Steinhagen
Verehrte Festversammlung, meine Damen und Herren,
hier steh ich nun und bin selbst nach fast 100 Tagen im Amt immer noch etwas atemlos, von der Geschwindigkeit mit der ich an die TU Dresden berufen wurde, hier aufgenommen und mit Aufgaben betreut wurde. Ich bin mir der Ehre eine der ältesten und größten deutschen technischen Universitäten leiten zu dürfen sehr wohl bewusst und seit meiner Wahl am 16. Juni diesen Jahres auch stolz darauf. Gleichzeitig sehe ich mit großen Respekt die riesige Aufgabe diese bedeutende Institution durch diese wechselvolle Zeit zu steuern, an deren Ende mit großer Sicherheit eine Universität stehen wird, die sich von ihren internen Strukturen und Abläufen und von ihrer Finanzierung her signifikant von den traditionellen deutschen Hochschulsystem unterscheiden muss und wird. Mein Vorgänger Herr Prof. Kokenge hat während seiner 6 jährigen Amtszeit bereits hierzu wesentliche Weichenstellungen vorgenommen, die auch für den weiteren Weg Erfolg versprechen. Es ist beruhigend bei der weiteren Entwicklung der TU Dresden auf einer solch soliden Basis aufbauen zu können. Dafür danke ich ihm und seinen Rektoratskollegium. Des weiteren danke ich dem Senat und den Hochschulrat für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Ich hätte diese Berufung aber auch nicht angenommen wenn ich nicht der festen Überzeugung gewesen wäre und immer noch bin das es sich dabei um den Höhepunkt meiner beruflichen Karriere handelt und das ich aufgrund meiner bisherigen Tätigkeiten und Erfahrungen gut auf diese Aufgabe vorbereitet bin.
Meine Damen und Herren, lassen sie mich mit einigen allgemeinen Aussagen zur deutschen Hochschullandschaft beginnen, bevor ich anschließend auf spezifische Themen der technischen Universität Dresden zu sprechen komme. Bildung und Ausbildung sind grundlegend Voraussetzung zur nachhaltigen Sicherung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit, des hohen Lebensstandards und der hohen Lebensqualität Deutschlands. Wenn man wie ich 15 Jahre im Ausland tätig war, dann sieht man neben den viel diskutierten Schwächen des deutschen Bildungssystems, vor allem auch seine Stärken. Was mir nach meiner Rückkehr nach Deutschland sofort aufgefallen ist, ist der große Unterschied zwischen der internen und externen Sicht auf Qualität und Leistungsfähigkeit des deutschen Bildungs- und Forschungssystems. Kennzeichen in internationalen Rankings sind auf das angelsächsische System zugeschnitten und in vielen Fällen für deutsche Universitäten nicht zutreffend. Man sollte deshalb nicht überhastet und unreflektiert Änderungen um ihrer selbst willen durchführen, sonder das zweifellos vorhandene, weltweit anerkannte, starke Bildungssystem ausbauen und die gleichfalls vorhandenen Schwächen, aber auch gezielt korrigieren. Zum Beispiel sieht man in den englischsprachigen Ländern mit Neid unser Ausbildungsspektrum, von Berufsschulen, Berufsakademien, Fachhochschulen und Universitäten, das in diesen Ländern entweder noch nie existiert hat oder aber voreillig abgeschafft wurde. Dieses System erlaubt es jungen Menschen gezielt den für ihre Fähigkeiten und Interessen geeigneten Berufsweg einzuschlagen. Darüber hinaus versorgt es die Gesellschaft mit hoch qualifizierten Arbeitskräften für die jeweiligen beruflichen Anforderungsprofile. Lassen sie mich deshalb eine Lanze brechen für die Vielfalt unseres Bildungssystem und eine Warnung aussprechen vor dem derzeitigen Trend zu einer Gleichmacherei, die aus inhaltlichen und wirtschaftlichen Gründen zwangsweise auf mediokren Niveau erfolgen muss. Mehr Grundlagen und weniger Praxis bei der berufsorientierten Ausbildung und das Gegenteil bei der universitären Ausbildung, weniger Zeit für die Lehre und mehr Zeit für die Forschung an Berufsakademien und Fachhochschulen, weniger Ressourcen für die Spitzenforschung an Universitäten um die Infrastruktur an anderen Stellen aufzubauen. Ich kann mir nicht Vorstellen das dies Zielführen und mit der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder vereinbar ist. Ich habe die gleiche Fehlentwicklung bereits persönlich in Neuseeland und in England miterlebt, wo alle tertiären Bildungsinstitutionen zu Universitäten mit den gleichen Anforderungsprofil gemacht wurden und nachträglich komplizierte, zeitraubende und teure Evaluationsverfahren eingeführt werden mussten, um das ganze wieder auseinander zu dividieren und zu korrigieren. Statt die Fehler anderer Länder zu wiederholen wäre es meiner Meinung nach wesentlich besser, die Profile der einzelnen aus - und Fortbildungsmöglichkeiten zu schärfen und geeigneten Studierenden bei Bedarf den Übergang zu erleichtern. Ich selbst habe zahlreiche hochqualifizierte Fachhochschulabsolventen gehabt, die bei mir sehr gute Doktorarbeiten angefertigt haben. Das gleiche gilt für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, wo Kompetenz und Infrastrukturen gemeinsam genutzt werden, statt dupliziert werden sollten. So können heute schon, im Rahmen von kooperativen Promotionsverfahren, hochqualifizierte Fachhochschulabsolventen promotionsgeeignete Forschungsprojekte durchführen, gemeinsam betreut von Professoren der Fachhochschule und der Universität, die die resultierende Dissertation dann im Rahmen eines universitären Promotionsverfahrens prüfen. Letzteres wird vom deutschen Wissenschaftsrat ausdrücklich empfohlen und durch die unlängst durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung angekündigte Förderung für gemeinsame Forschungskollegs weiter ermutigt. An der TU Dresden haben in den vergangenen Jahren bereits weit über 100 Fachhochschulabsolventen erfolgreich ihre Doktorprüfung abgelegt. Ich würde mich freuen wenn diese Zahl weiterhin kräftig anwachsen würde und biete den Fachhochschulen nachdrücklich unsere Zusammenarbeit an. Zu einer Verringerung der akademischen Anforderung an einen Doktortitel, das heißt zu einen Doktor-Light darf und wird dies aber auch unter keinen Umständen führen.
Meine Damen und Herren, Deutschland verfügt über keine nennenswerten Bodenschätze und kann aufgrund seines vergleichsweise hohen Lohnniveaus bei Billig- und Massenprodukten bereits Heute nicht wettbewerbsfähig sein. Es herrscht deshalb Einvernehmen darüber, dass unsere Zukunft nur dadurch gesichert werden kann, dass wir einen technologischen Vorsprung aufrecht erhalten und Prozesse effizienter abwickeln können als dies unsere Wettbewerber können. Dazu benötigen wir aber Hochschulabsolventen, die besser ausgebildet sind als vergleichbare Absolventen in unseren Konkurrenzländern. Davon profitieren wir Heute und deshalb verstehe ich persönlich nicht warum Bachelor-Studiengänge in Deutschland nur 6 bis 7 Semester dauern sollen, während für diesen ersten und zukünftig überwiegenden Abschluss in Ländern wie Amerika, Australien, China oder Indien in der Regel 8 Semester zur Verfügung stehen. Glauben wir wirklich, dass unsere Kinder 20% intelligenter sind und deshalb mit einer kürzeren Ausbildungszeit auskommen? Wir bilden Heute bereits an einigen Universitäten und Fachhochschulen Ingenieure aus, deren Abschluss in den USA nicht mehr anerkannt werden. Ich Frage mich weiterhin, warum alle Bachelorabschlüsse umgehend berufsbefähigend seien sollten, was diese Bezeichnung auch bedeuten mag? Bei Universitäten führt dies häufig dazu, dass die Grundlagenfächer in den ersten Jahren reduziert und durch anwendungsnahe Ausbildung ersetzt werden müssen. Das fehlende Grundlagenwissen macht sich dann später im Beruf, in Masterstudiengängen oder bei der Promotion bemerkbar. Bei umfangreichen Studiengängen sollten die deutschen Universitäten, meiner Meinung nach, deshalb einen grundlagenorientierten Bachelorabschluss vergeben, der quasi als Zwischenabschluss einen örtlichen und inhaltlichen Wechsel ermöglicht und bei Erfolg eine Aufnahme in ein Masterprogramm garantiert, das dann den eigentlichen Zielabschluss darstellt. Und warum soll der erfolgreiche Abschluss eines Masterstudiums im Ingenieurwesen an einer deutschen Hochschule nicht zum tragen des Titels Diplom Ingenieur berechtigen, einen weltweit anerkannten Qualitätssiegel deutscher Ingenieurkunst? In Österreich ging das doch auch. Die TU Dresden wird jedenfalls, solange dies im Freistaat Sachsen als einzigen Bundesland möglich ist, auch weiterhin Diplomabschlüsse verleihen. Verstehen sie mich bitte nicht falsch, ich will den so genannten Bologna-Prozess nicht rückgängig machen. Ganz im Gegenteil nach 15-jähriger Erfahrung an Universitäten im englischsprachigen Ausland bin ich ein Verfechter der Modularisierung und eines zweistufigen Ausbildungssystems, bei dem ein erster Abschluss nach 3 bis 4 Jahren die Möglichkeit zu einen Studienplatzwechsel oder zu einer Kombination mit einen anderen Fach ermöglicht, zum Beispiel ein Abschluss in den Naturwissenschaften mit einen Juraabschluss um Patentanwalt zu werden. Aber das heißt nicht das wir Strukturen aufgeben müssen, die sich hervorragend bewährt haben und in der ganzen Welt respektiert werden. Viel wichtiger ist es die Inhalte an die heutigen Erfordernisse Anzupassen und nicht veraltete Inhalte in neue Strukturen zu verkaufen. Aber wir benötigen nicht nur qualitativ hochwertige Hochschulabsolventen, wir benötigen diese auch in ausreichender Zahl. Deutschland hat im Vergleich zu anderen führenden Industrieländern einen niedrigen Anteil an Studierenden pro Geburtsjahr, nur 22 % der 25 bis 34-Jährigen haben hier eine abgeschlossene Hochschulausbildung, während es im OECD-Schnitt 33% sind. Für den Arbeitsmarkt ist deswegen bereits heute ein Fachkräftemängel abzusehen. Im Jahr 2030 wird in Deutschland ein Fehlbedarf von 2,3 Mio Arbeitskräften mit Hochschulqualifikation erwartet. Diese Zahlen verdeutlichen, dass wir eigentlich einen erheblich ansteigenden Ausbildungsbedarf haben. Dem gegenüber stehen die Planzahlen des Bundesminsterium für Bildung und Forschung, dass bis 2015 eine Stagnation der Anfängerzahlen in den westlichen Bundesländern und einen Rückgang in den östlichen Bundesländer voraussetzt. Demzufolge plant das sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst für 2015 einen Rückgang der Studienanfängerzahlen um etwa 17 %, im Vergleich zu den heutigen Werten. Ich halte diese Prognose für übermäßig pessimistisch. An der TU Dresden haben wir von diesen Rückgang bisher noch nichts gespürt und wir legen unsere Studiengänge immer noch mit einer im Durchschnitt 20%-igen Überlast, um den größten Teil der Studierwilligen überhaupt einen Studienplatz anbieten zu können. Dazu kommt das durch die Umstellung auf 8-jährige Gymnasien in den westlichen Bundesländern bis 2015 insgesamt 275000 zusätzliche Studienanfänger an die Hochschulen drängen und die TU Dresden bereits in den vergangenen Jahren eine zunehmende Beliebtheit für Studierende aus den westlichen Bundesländern verzeichnen konnte. - Ich kann das verstehen. - Mit weiteren 60000 Studienbewerbern bundesweit ist 2011 durch die Aussetzung der Wehrpflicht und des Zivildienst zu rechnen. Die nach 2012 angekündigten Einschnitte sind deshalb voreillig, sie würden uns zu einer Reduktion der Studierendenzahl zwingen, um eine Verschlechterung der Studienbedingungen zu vermeiden. Wir benötigen stattdessen eine strategische, bedarfsgesteuerte Planung der Studierendenzahlen, um die Zukunft Sachsen und der Bundesrepublik Deutschlands sicherzustellen, keine Korrelation mit Geburtenzahlen. Dazu kommt, dass die deutschen Hochschulen bereits Heute im Vergleich zum OECD-Durchschnitt chronisch unterfinanziert sind. Neben der Sicherstellung der Qualität und Quantität der Ausbildung wird in Deutschland eine erhöhte Forschungs-Innovations-Kultur benötigt, um den Anforderungen eines globalen Wettbewerbs stand zu halten. Auch hier werden die Hochschulen wichtige Beiträge leisten. Sie sind jedoch nur in Ausnahmefällen in der Lage den langen Weg von der Grundlagenforschung bis hin zu Markteinführung alleine zu gehen, da hierzu Infrastrukturen, Personalmaßnahmen und Handlungsspielräume nötwendig sind, die sich im Rahmen der aktuellen wirtschaftlichen und personalrechtlichen Rahmenbedingungen des Hochschulsystems nicht realisieren lassen. Aber auch hier ist die deutsche Forschungslandschaft mit ihren außeruniversitären Forschungseinrichtungen, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Frauenhofer-Gesellschaft, der Max-Plankt-Gesellschaft, der Leibnitz-Gemeinschaft und den verschiedenen Landesinstituten hervorragend aufgestellt. Während in den meisten Staaten die außeruniversitären Forschungseinrichtungen in den vergangenen Jahren reduziert wurden und sogar abgeschafft, wie zum Beispiel das große Kernforschungszentrum Harwell in England, haben sich die außeruniversitären Forschungsstellen in Deutschland hervorragend weiterentwickelt. Um diese erfreuliche Tendenz aufrecht zu erhalten und positiv weiter zu entwickeln ist es wichtig die ursprünglich vorgegebenen Profile der einzelnen Forschungsinstitute beizubehalten und die Kooperation untereinander, mit der Industrie und natürlich den Universitäten und Hochschulen zu stärken. Ziel der TU Dresden ist es die bereits hervorragende Zusammenarbeit zwischen universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zukünftig noch weiter zu intensivieren. Allerdings darf dies nicht dazu führen, dass die besten Wissenschaftler, Gebäude und Laborinfrastrukturen ausschließlich auf die außeruniversitären Forschungseinrichtungen konzentriert werden. Wichtig ist es weiterhin die vorhandenen Stärken zu bündeln, ohne eine Komplexität zu erzeugen, die Exzellenz behindert. Die wissenschaftliche Freiheit der Universitäten und die programmgesteuerte Arbeit der Großforschung haben beide ihre Bedeutung. Ob wir uns aber mit einer stärker programmatischen Hochschulforschung und einer thematisch ungebundeneren Großforschung wirklich einen Gefallen tun wage ich zu bezweifeln. Soweit zu den Stärken und Potentialen der deutschen Wissenschaftslandschaft, allerdings gibt es auch Aspekte in denen unser Hochschulsystem deutliche Schwächen im Vergleich zu den Universitäten insbesondere in englichsprachigen Ländern zeigt. Dazu zählt aus meiner Erfahrung die unzureichende inter- und transdisziplinäre Arbeit. Paradoxerweise wird häufig der Kollege im Nachbarinstitut eher als Konkurrenz wahrgenommen als Wissenschaftler an anderen Universitäten. Die Unflexibilität der akademischen Strukturen im Bezug auf die Anpassung an neue Anforderungen und Gegebenheiten, die hohen Studienabbrecherquoten - in den angloamerikanischen Ländern wird guter und innovativer Lehrer generell ein höherer Stellenwert beigemessen. In einer typischen englischen Universität erreichen etwa 90 bis 95 % aller Studienanfänger ihren Abschluss, in Deutschland sind es durchschnittlich 70 %, in einigen als schwierig empfundenen Fächern nur wenig über 50 %. Die unzureichenden Internationalität an deutschen Universitäten, die dazu führt das ein enormes intellektuelles, kulturelles und wirtschaftliches Potential bei weitem nicht ausgeschöpft wird. Der Anteil internationaler Studierenden an deutschen Universitäten stagniert bei knapp 10 %, in den USA, Australien und England ist dieser Anteil wesentlich höher. Ein weiterer Schwachpunkt ist die im Vergleich zu den englischsprachigen Ländern unzureichende Kontaktpflege mit ehemaligen Mitarbeitern und Absolventen, wenn dies richtig organisiert wird können unsere Absolventen die besten Botschafter und möglicherweise Spender werden. Administrative und technische Supportstrukturen sind häufig langsam, unzureichend, aufgrund von Verfahren und Voraussetzungen und werden den Anforderungen an eine moderne Universität häufig nicht mehr gerecht. Dazu kommt dass wir verwaltungs- und finanztechnische Vorschriften haben, sowohl seitens der Universitäten, wie auch der Ministerien, die einen strategischen und betriebswirtschaftlichen handeln im Wege stehen. Diese Schwächen und Probleme finden sich bei aller Stärke auch an der TU Dresden und behindern derzeit eine Entwicklung in die Spitzenklasse der deutschen und internationalen Universitäten. Sie zu beheben ist ein wesentlicher Teil des Zukunftskonzepts mit dem die TU Dresden bei der zweiten Runde der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder angetreten ist. Unser Zukunftskonzept hat eine doppelte Stoßrichtung, es zielt sowohl auf die TU Dresden als Einrichtung und Organisation, als auch auf jeden einzelnen der hier arbeitet und studiert. Denn einerseits gilt es die intellektuellen Leistungen der einzelnen Wissenschaftler und Studierenden noch weiter voran zu bringen, andererseits müssen die einzelnen Maßnahmen die wir durchführen, um nachhaltig zu wirken auch deutliche Veränderungen in der Struktur und der Organisation der Universität insgesamt bewirken. Nur wenn beide Ansätze erfolgreich sind, werden Lehre und Forschung so exzellent sein können, dass sie aus sich heraus in ihren jeweiligen Umfeld weitere Exzellenz nach sich ziehen. Diese Strategie wird die TU Dresden unabhängig vom Ergebnis der Exzellenzinitiative in jeden Fall weiterverfolgen. Lassen sie mich deshalb die Gelegenheit nutzen ihnen einige Informationen über unsere Pläne und Ziele zu geben. Die TU Dresden hat in den letzten 20 Jahren wie keine andere Hochschule in Deutschland eine in Umfang und Tiefe einzigartige Phase der Veränderung durchlaufen und gestaltet. Sie hat mehrere Hochschulen integriert neue Fakultäten und wissenschaftliche Zentren aufgebaut, ihr Drittmitteleinkommen explosiv gesteigert, den Technologietransfer stark ausgebaut, nationale und internationale Netzwerke geknüpft. Gemessen an ihren Drittmitteln zählt die TU Dresden bereits zu den führenden Universitäten in Deutschland, besonders beeindruckend sind alle Leistungsindikatoren im Hinblick auf ihr Wachstum seit 2005. Ein Alleinstellungsmerkmal der TU Dresden ist die Tatsache das sie zwar überwiegend technisch/naturwissenschaftlich ausgerichtet ist, im Gegensatz zu anderen technischen Universitäten aber eine wirkliche Volluniversität mit 12500 Studierenden in den Geistes- und Sozialwissenschaften ist. Dazu kommen 16500 Studierenden in den Ingenieurwissenschaften, 4500 Studierende in den Naturwissenschaften und 2500 Studierende der medizinischen Fakultät. Die Vielfalt der akademischen Disziplinen basiert aber nicht nur auf den Studienfächern, sie ist auch in der wissenschaftlichen Forschung reflektiert. Die TU Dresden ist stolz darauf hervorragende Forschung und Sonderforschungsbereiche in allen 4 wissenschaftlichen Disziplinen aufweisen zu können und wird sich auch in Zukunft als Volluniversität weiterentwickeln. Schließlich werden wir die Megaprobleme dieser Welt, wie Gesundheit, Energie, Umwelt, Kommunikation, Mobilität und Sicherheit nicht mit singulären Fachwissen alleine lösen können. Besonders wichtige und spannende Aufgaben befinden sich zunehmend an den Schnittstellen zwischen den traditionellen wissenschaftlichen Disziplinen und müssen übergreifen bearbeitet und gelöst werden. Ich selbst habe die letzten 10 Jahre in Stuttgart gelebt, das Bahnprojekt Stuttgart 21 ist jeden von ihnen bekannt, es handelt sich dabei um ein technisches oder finanzielle Problem, sondern darum dass die Bevölkerung das Gefühl hat das Politik und Gesellschaft nicht mehr synchronisiert sind. Können wir zukünftig in Deutschland überhaupt noch neue Brücken, Bahnhöfe, Kraftwerke, Stromtrassen oder andere Großprojekte realisieren? Dies sind größtenteils keine technischen Probleme, sondern soziokulturelle, die durch bessere Vorbereitung und Kommunikation möglicherweise verhindert werden können. Hier sehe ich für die TU Dresden mit ihrer Kompetenzvielfalt und der ungewöhnlichen Kooperationsbereitschaft ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein enormes Forschungs- und Lehrpotential, dass wir realisieren müssen und werden und das so an anderen Universitäten nicht vorhanden ist. Der Großraum Dresden ist mit 11 Forschungseinrichtungen der Frauenhofer-Gesellschaft, 3 Max-Plankt-Instituten, 3 Leibnitz-Instituten und den zukünftigen Helmholtz-Forschungzentrum Rossendorf ein Musterbeispiel für die Bedeutung außeruniversitärer Forschung. Insgesamt arbeiten an diesen außeruniversitären Forschungseinrichtungen etwa 3300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, hinzu kommen etwa 7000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der TU Dresden. Eine solche Ballung an universitärer und außeruniversitärer Forschungskompetenz an einen Standort ist deutschlandweit einmalig. Der in der Vorbereitung zu der Exzellenzinitiative gegründete Verein Dresden KONZEPT verbindet die TU Dresden deswegen auf einmalige Weise mit diesen Forschungsinstitutionen und darüber hinaus mit den forschungsaktiven Kultureinrichtungen der Stadt Dresden, wie den staatlichen Kunstsammlungen, den deutschen Hygienemuseum und der sächsischen Landesbibliothekt/Staats- und Universitätsbibliothek. - Außerdem, Frau Bürgermeister, ist das Dresden KONZEPT Gegenstand einer Kooperationsvereinbarung zwischen der TU Dresden und der Landeshaupt Dresden. - Die Partner innerhalb des Dresden KONZEPT bleiben rechtlich unabhängig und eigenständig und können dadurch ihre besonderen Stärken weiterhin fortführen. Wir sind überzeugt davon, dass die eigentliche Stärke eines Forschungsstandorts gerade in seiner Vielgestaltigkeit liegt, vorausgesetzt es gelingt den Partnern größtmögliche Synergien frei zu setzen und einen klaren Rahmen für eine Kooperation zu definieren. Dies wird beim Dresden KONZEPT auf 4 Ebenen realisiert, nämlich Forschung, Lehre, Karriereentwicklung und Service und Unterstützungsprozesse. Dass dies nicht nur eine fixe schöne Idee ist, sondern bereits gelebt wird kann bereits anhand vieler gemeinsamer Aktivitäten gezeigt werden, wie gemeinsamer Berufungen, gemeinsame Nutzung des Rechenzentrums, Forschungsprojekte, Nutzung von Gebäuden und Laboren. Wir haben deswegen, in Abstimmung mit unseren Dresden-KONZEPT-Partnern, zusätzlich zu den bereits erfolgreich im Rahmen der ersten Runde der Exzellenzinitiative akquirierten Graduiertenschule und Exzellenzcluster zum Thema Biotechnologie und Biomedizin, in der zweiten Runde 5 neue Exzellenzcluster und eine Graduiertenschule zu den Themen Materialentwicklung Psychologie, Mikroelektronik, Magnetismus und kulturelle Transformation beantragt. Aufgrund seiner jeweiligen Breite und Tiefe wird jeder einzelne Antrag schon für sich die Wachstumsdynamik der TU Dresden maßgeblich beschleunigen, doch erst im Verbund miteinander und zusammen mit den Zukunftskonzept wird damit ein Gesamtpaket aus operationalen Maßnahmen und Strategien geschnürt dass eine Universität wie die TU Dresden auszeichnet. Das Gesamtvolumen dieses Pakets beträgt 245 Mio. €, wir verfügen über die Voraussetzungen und den festen Willen um ein derartig ausdrucksvolles und anspruchsvolles Projekt nach Ablaufen der 5-jährigen Förderung in unserer regulären Entwicklungsplanung dauerhaft fortzuführen und die damit verbundenen Stärken und Strukturänderungen umzusetzen. Parallel dazu gilt es die Unterstützungsprozesse für Forschung und Lehre so zu gestalten, dass alle Ressourcen optimal genutzt werden können. Ausgehend von einer professionellen, externen Evaluation im kommenden Frühjahr, beabsichtigen wir mit modernen Informations- und Managementsystemen, Strukturen und Abläufe einzuführen die die Arbeitsplatzzufriedenheit, Motivation und damit auch Leistungen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Wissenschaft und Verwaltung signifikant erhöhen werden. In Übereinstimmung mit der traditionellen Struktur deutscher Universitäten sind Lehre und Forschung an der TU Dresden in 14 Fakultäten organisiert. Diese Struktur bringt zwar Vorteile im Hinblick auf die Bereitstellung eines breiten Spektrums an Lehr- und Forschungsaktivitäten. Sie ist jedoch auch durch signifikante Nachteile gekennzeichnet, so wird zum Beispiel Interdisziplinarität nicht befördert und die Entwicklung von Synergien auf vielfältigen Ebenen behindert, von der Verwaltung angefangen, über sektorenübergreifende Rekrutierung von Studierenden und Mitarbeitern, bis hin zu organisatorischen und infrastrukturellen Aspekten von Forschung und Lehre. Um diese Schwächen zu überwinden und das existierende Potential optimal zu nützen, planen wir die 14 Fakultäten der TU Dresden unter den Dach von 4 Schools für die Disziplinen Geistes- und Sozialwissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Medizin und Naturwissenschaften zusammenzufassen, die jeweils mit weitgehenden delegierten Verantwortlichkeiten in Bezug auf Budget, Personal, Infrastruktur und inhaltlichen Aspekten von Forschung und Lehre ausgestattet sind. Wir erwarten uns davon erhebliche Vorteile aufgrund der kürzeren Kommunikations-, Verwaltungs- und Entscheidungswege. Das wird sich sowohl in der Forschung als auch in der Lehre positiv bemerkbar machen. Im Vorgriff auf die Etablierung der 4 Schools wurden die Verantwortlichkeiten der Rektoratsbereiche neu zugeordnet und 3 hauptberufliche Prorektoren für die Aufgabenbereiche Lehre und Internationales, Forschung und Universitätsplanung etabliert. Ich bin sehr froh und dankbar mit Frau Prof. Schäfer, Herr Prof. Rödel und Herr Prof. Lenz hierfür 3 überaus kompetente respektierte Persönlichkeiten gewonnen zu haben. Das war nicht trivial, wenn man als neu Berufener an eine Universität kommt und gerade mal vier Wochen Zeit hat ein Rektorat zusammenzustellen. Die fachliche Leitung der ihren Aufgabenbereich zugeordneten Verwaltungseinheiten wird zukünftig den jeweiligen Prorektoren übertragen, während die Dienstaufsicht und disziplinare Führung selbstverständlich beim Kanzler verbleibt. Für Berufungsangelegenheiten und übergreifende Themengebiete, wie Grundsatzfragen, Öffentlichkeits-, Alumniarbeit, Corperate Identity, Marketing ist der Rektor direkt verantwortlich. Um ihr langfristiges Ziel internationaler Exzellenz in allen 4 Forschungsschwerpunkten zu erreichen wird die TU Dresden künftig den Zugang zu Forschungsgerät, Infrastruktur und Informationen auf Spitzenniveau benötigen, die ihre eigenen finanziellen Möglichkeiten deutlich übersteigen. Hier wird das Netzwerk Dresden KONZEPT mit der Bündelung von lokalen und regional verfügbaren Ressourcen und abgestimmter Planung und gemeinsamer Finanzierung von besonders aufwendigen Forschungsinfrastrukturen eine nachhaltige Lösung ermöglichen. Weitere Großgeräte, wie zum Beispiel das bereits beim Wissenschaftsrat beantragte Höchstleistungsrechenzentrum für Sachsen, müssen mit der Unterstützung des Landes und der Bundesregierung finanziert werden.
Aber meine Damen und Herren, optimale Strukturen und teure Geräte sind völlig nutzlos wenn sie nicht von den besten Köpfen genutzt werden. Wir sind davon überzeugt, dass Exzellenz nur durch exzellente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Karrierestufen gestaltet werden kann, denen man dann aber auch ein Umfeld bieten muss, in dem sie sich bestmöglich realisieren können. Dies gilt sowohl für das bereits vorhandene Personal, wie auch für zukünftige Kolleginnen und Kollegen. Diese Strategie ist aus Sicht der TU Dresden wirkungsvoller als den Zeitgeist befriedigende Forschungsprogramme oder "politisch korrekte" Netzwerke. Wir haben deshalb Strategien entwickelt wie wir zukünftig die besten Professorinnen und Professoren und Nachwuchswissenschaftler an die TU Dresden einstellen und etablieren können. Insbesondere wollen wir hierbei das bisher bei weiten nicht ausreichend genutzte Reservoir an weiblichen und ausländischen Spitzenkräften nutzen. Doch Wissenschaft allein macht bei weiten noch keine Universität aus. Was wären wir ohne unsere Studierenden, an die wir unsere Wissen zum Wohle der Gesellschaft weitergeben und aus deren Reihen sich auch viele unser Doktoranten und Nachwuchswissenschaftler rekrutieren. Um eine ausreichende Anzahl guter Studierende auch in Zukunft an der TU Dresden zu immatrikuliere, haben wir einen ganzen Maßnahmenkatalog zusammengestellt, der sicher stellen wird, dass die TU Dresden und die Stadt Dresden in Zukunft prominent auf ihren Radarschirm zu sehen sein werden. Wir werden uns weiterhin bemühen ein attraktives Stipendienprogramm für besonders qualifizierte oder bedürftige Bewerber für einen Studienplatz zu etablieren. Dies kann die Universität nicht allein aus eigenen Mitteln bestreiten, wir sind hier auf die Unterstützung und Großzügigkeit unserer Privaten und beruflichen Förderer angewiesen. Mit der Umsetzung der genannten Maßnahmen wird für die TU Dresden einer neuer Entwicklungsabschnitt beginnen, in dessen Verlauf ihr bereits Heute erreichter Stand und ihre Wachstumsdynamik noch einmal auf ein höheres Niveau angehoben werden. Dieses Konzept ist nicht auf einzelne Bereiche der Universität beschränkt, sondern ist das zentrale Instrument für eine langfristige strategische Hochschulentwicklung. Es betrifft die strategischen Überlegungen, die Strukturen und die Organisationskultur der Universität insgesamt und zielt darauf hin die TU Dresden so aufzustellen, dass sie im Wettbewerb mit den besten Universitäten weltweit eintreten kann. Die erfolgreiche Umsetzung dieser weitgehenden Maßnahmen ist nur dann möglich, wenn der Universität auch ausreichender Gestaltungsfreiraum zur Verfügung steht, um weitgehend autonom, strategisch und wettbewerbsfähig zu agieren. Solche Rahmenbedingungen, und das kann ich ihnen aus eigener Erfahrung sagen, sind an den englischsprachigen Universitäten bereits seit langen üblich. Deutschland zwischenzeitlich, punktuell wie zum Beispiel an der TU Darmstadt. Auch in Sachsen wurden dazu erste Schritte unternommen, wie wir bereits gehört haben. Seit 2009 hat der Rektor vollständige Verantwortung für die Berufung von neuen Professorinnen und Professoren und damit einen direkten Einfluss auf die Entwicklung der Universität. Zwischen Ausschreibung und Ruferteilung liegt inzwischen nur noch ein Zeitfenster von 7 Monaten, in manchen Fällen sogar nur noch dreieinhalb Monaten, dass ist ein ganz wichtiger Faktor im Wettbewerb um brilliante Wissenschaftler weltweit. Wir haben seit Mai diesen Jahres einen Hochschulrat der sich mit großen Engagement - und dafür bin ich ihnen sehr dankbar Herr Raps und ich bitte sie das an ihre Kolleginnen und Kollegen weiterzugeben - für das Wohl der Universität einsetzt und dem Rektorat beratend zur Seite steht. Wir sind derzeit noch in einer gewissen Lernphase, wie wir dieses Gremium zum maximalen Nutzen der Universität und der Gesellschaft einsetzen werden. Es gibt aber immer noch zahlreiche Bereiche in denen die Universität wesentlich mehr Autonomie benötigt als uns gegenseitig vom Gesetzgeber in Sachsen zugestanden wird. Dazu zählen die eigene Zuständigkeit für Grundstücks- und Bauangelegenheiten, zusammen mit einer Zuweisung von ausreichenden Landesmitteln um diese Verwaltung auch tatsächlich zu realisieren. Dazu zählt die Wahrnehmung der Arbeitgeberfunktion und der Dienstherreneigenschaft und letztendlich ein an Zielverbarungen gekoppelter Globalhaushalt, der es der TU Dresden ermöglicht nach modernen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu wirtschaften. Diese Gesichtspunkte würde ich - und da nehme ich ihr Angebot gerne an Herr Ministerpräsident - gerne mit den zuständigen Ministerien besprechen und ihre Umsetzung im Rahmen eines Modellversuchs vorschlagen, mit dem der Freistaat Sachsen bundesweit eine Vorreiterrolle bei der Modernisierung der Hochschulgesetzgebung einnehmen würde. Die TU Dresden ist ein Juwel in Krone des Freistaat Sachsen und der Stadt Dresden, lassen sie uns gemeinsam versuchen sein Strahlkraft zu erhöhen.
Meine Damen und Herren, ich möchte mit einigen ganz persönlichen Worten schließen. Am 1. August dieses sind meine Frau und ich nach Dresden gezogen, wir haben diese Entscheidung seitdem nicht einen einzigen Tag bereut. Dies war unser 17. Umzug, noch nie wurde ich mit so offenen Armen und gleichzeitig mit so vielen Erwartungen aufgenommen wie hier an der TU Dresden. In den ersten exakt 93 Tagen als Rektor der TU Dresden, habe ich einige Schwächen aber auch viel, viel mehr Stärken unserer Universität kennen gelernt, als ich dies bei meinen Amtsantritt erwartet hatte. Zu den großen Stärken zählt insbesondere der enorme Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf allen Ebenen und in allen Arbeitsgebieten, dafür bin ich allen zutiefst dankbar und deswegen bin ich fest davon überzeugt das es uns als Team gelingen wird unsere Technische Universität Dresden zu einen motivierenden und produktiven Umfeld zu entwickeln, kurzum zu einer Universität von Weltrang. Vielen Dank.