Koalitionsvertrag (17. Bundestag, CDU/FDP, 2009, kommentiert)

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Präambel

Bildung ist Bedingung für die innere und äußere Freiheit des Menschen. Sie schafft geistige Selbständigkeit, Urteilsvermögen und Wertebewusstsein. Bildung und Forschung sind Grundlagen des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts. Bildung ist Voraussetzung für umfassende Teilhabe des Einzelnen in der modernen Wissensgesellschaft. Bildung ist daher für uns Bürgerrecht. Deswegen sagen wir der Bildungsarmut den Kampf an.

Dazu bedarf es einer nationalen Anstrengung. Wir wollen mehr Chancengerechtigkeit am Start, Durchlässigkeit und faire Aufstiegschancen für alle ermöglichen. Wir wollen Deutschland zur Bildungsrepublik machen, mit den besten Kindertagesstätten, den besten Schulen und Berufsschulen sowie den besten Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe und bedarf einer engen Partnerschaft aller Verantwortlichen entlang der gesamten Bildungskette. Wir streben daher eine Bildungspartnerschaft von Bund, Ländern und Kommunen unter Wahrung der jeweiligen staatlichen Zuständigkeit an. Wir erhöhen die Ausgaben des Bundes für Bildung und Forschung bis 2013 um insgesamt 12 Mrd. Euro. Wir werden Maßnahmen ergreifen, die es zudem Ländern, Wirtschaft und Privaten erleichtern, ihre jeweiligen Beiträge bis spätestens 2015 ebenfalls auf das 10 Prozent-Niveau anzuheben. Im Gegenzug streben wir mit den Ländern verbindliche Vereinbarungen zur Umsetzung der Qualifizierungsinitiative wie zur Bildungsmobilität, insbesondere zu Fragen von Zulassung und Anerkennung von Abschlüssen und Teilleistungen an.

Blumige Worte für die Leistungsgesellschaft von Morgen. 
Die neue Regierung zeichnet ein Bild der Bildung das mehr als erstebenswert ist, jedoch spricht die Detailausarbeitung eine ganz andere Sprache.

1. Bildung

1.1 Bildungsbündnisse vor Ort

Jeder fünfte Jugendliche in Deutschland hat so geringe Kompetenzen in Lesen und Mathematik, dass er Gefahr läuft, auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt kaum Chancen zu haben. Deshalb müssen wir präventiv und möglichst früh in der Bildungsbiografie ansetzen. Wir werden vor Ort Bildungsbündnisse aller relevanten Akteure – Kinder- und Jugendhilfe, Eltern, Schulen, Arbeitsförderung sowie Zivilgesellschaft – fördern, die sich mit diesem Ziel zusammenschließen. Wir werden ihre Arbeit unterstützen, indem jedes Bündnis ein Kontingent z. B. von Bildungsschecks zur Weitergabe an benachteiligte Kinder und Jugendliche erhält.

1.2 Sprache als Schlüssel für den Bildungsaufstieg

Jedes Kind muss vor Schuleintritt die deutsche Sprache beherrschen. Deshalb unterstützen wir verbindliche bundesweit vergleichbare Sprachstandstests für alle Kinder im Alter von vier Jahren und bei Bedarf eine verpflichtende gezielte Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP Sprachförderung vor der Schule sowie darüber hinausgehende unterrichtsbegleitende Sprachprogramme.

1.3 Bildungsfinanzierung

Heute für die Zukunft finanziell vorsorgen; das möchten viele Eltern – und auch Großeltern oder Paten – mit Blick auf die Kinder. Am besten ist das Geld angelegt, wenn es der Bildung der Kinder zu Gute kommt. Deshalb werden wir jedem neu geborenen Kind beispielsweise ein Zukunftskonto mit einem Startguthaben von 150 Euro einrichten und Einzahlungen bis zur Volljährigkeit mit einer Prämie unterstützen. Der Bildungsaufstieg darf an finanziellen Hürden nicht scheitern. Deshalb wollen wir mit dem Dreiklang aus BAföG, Bildungsdarlehen und Stipendien jungen Menschen ein Studium ermöglichen. Wir wollen den Anteil der Stipendiaten mittelfristig von heute zwei auf zehn Prozent der Studierenden erhöhen. Die Stipendien sollen ausschließlich nach Begabung einkommensunabhängig vergeben werden. Hierzu werden wir gemeinsam mit den Ländern ein nationales Stipendienprogramm ins Leben rufen, mit dem wir von Universitäten und Fachhochschulen bei Wirtschaft und Privaten eingeworbene Stipendien in Höhe von 300 Euro im Monat von der BAföG-Anrechnung freistellen und bis zur Hälfte öffentlich bezuschussen. Die öffentliche Finanzierung soll dabei je zur Hälfte durch den Bund und die Länder erfolgen. Das bisherige Büchergeld der Begabtenförderungswerke wird auf 300 Euro angehoben und bleibt von der BAföG-Anrechnung befreit. Die erfolgreichen Aufstiegsstipendien werden wir ausbauen, um mehr beruflich Qualifizierte für ein Studium zu gewinnen. Wir erwarten von den Begabtenförderwerken, dass sie sich bislang unterrepräsentierten Gruppen stärker öffnen und unterstützen sie bei ihrem Engagement. Wir wollen das BAföG sichern und weiterentwickeln. Die Möglichkeit, Bildungskredite über das 30. Lebensjahr hinaus zu verlässlichen Konditionen zu erhalten, werden wir ausbauen. Wir setzen uns ein für eine frühzeitige Berufsorientierung und Studienberatung in der Schule, die auch die vielfältigen Möglichkeiten der Studienfinanzierung umfasst.

1.4 Qualität für Bildung und Erziehung