Brüche im konformistischen Geist: Unterschied zwischen den Versionen
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Im Januar 2007 publizierte der Hamburger Soziologe Gerhard Stapelfeldt unter dem Titel „Der Aufbruch des konformistischen Geistes“ zwölf Thesen zur neoliberalen Reform der Hochschulen. “Die neoliberale Universität zerstört die Bildung, setzt die Lehre herab, verwandelt Studierende in autoritäre Charaktere und läßt die Idee der Wahrheit hinter sich. Das alles geschieht unter der proklamierten Zielsetzung, Forschungsleistungen zu steigern und die Lehre effektiver zu gestalten. Die Universität wird reformiert, bis sie liquidiert ist,“ so der Verlag Dr. Kovac in seiner Ankündigung zu Stapelfeldts Buch. In seinen Thesen orientiert sich Stapelfeldt am Vernunftbegriff Kants und dem Kritikverständnis der Frankfurter Schule. Der Bogen der Thesen reicht von einer Begriffsbestimmung von Bildung und Wissenschaft hin zu einer Kritik des aktuellen Aufklärungsverrats. Stapelfeldt erläuterte am Beispiel seines eigenen Instituts die Auswirkungen von Globalisierung, europäischer Integration und aktueller Hochschulpolitik auf die Realität des universitären Betriebes. Nicht die Formung von Wissen zur Ware sei das Hauptkennzeichen dieser Reformen, sondern vielmehr, dass die schon existierende Logik der Verwertbarkeit in ihnen nochmals verschärft wurde. Ein Ruf nach dem Zurück zur alten Hochschule verkenne die Rolle, die Wissenschaft in der kapitalistischen Gesellschaft von Beginn an gespielt habe, und sei deshalb eine vergebliche und wenig zu begrüßende Forderung, vielmehr wäre zu fragen, weshalb die Reformen jahrelang so widerstandslos hingenommen wurden. Im Vortrag soll Stapelfeldts Kritik in wesentlichen Punkten referiert und ins Verhältnis zu den aktuellen Protesten an den Hochschulen gebracht werden. Inwieweit ist es über den Ausdruck von Frust und Angst hinaus bisher überhaupt gelungen, die Ursachen des studentischen Elends zu bedenken und zu thematisieren? | Im Januar 2007 publizierte der Hamburger Soziologe Gerhard Stapelfeldt unter dem Titel „Der Aufbruch des konformistischen Geistes“ zwölf Thesen zur neoliberalen Reform der Hochschulen. “Die neoliberale Universität zerstört die Bildung, setzt die Lehre herab, verwandelt Studierende in autoritäre Charaktere und läßt die Idee der Wahrheit hinter sich. Das alles geschieht unter der proklamierten Zielsetzung, Forschungsleistungen zu steigern und die Lehre effektiver zu gestalten. Die Universität wird reformiert, bis sie liquidiert ist,“ so der Verlag Dr. Kovac in seiner Ankündigung zu Stapelfeldts Buch. In seinen Thesen orientiert sich Stapelfeldt am Vernunftbegriff Kants und dem Kritikverständnis der Frankfurter Schule. Der Bogen der Thesen reicht von einer Begriffsbestimmung von Bildung und Wissenschaft hin zu einer Kritik des aktuellen Aufklärungsverrats. Stapelfeldt erläuterte am Beispiel seines eigenen Instituts die Auswirkungen von Globalisierung, europäischer Integration und aktueller Hochschulpolitik auf die Realität des universitären Betriebes. Nicht die Formung von Wissen zur Ware sei das Hauptkennzeichen dieser Reformen, sondern vielmehr, dass die schon existierende Logik der Verwertbarkeit in ihnen nochmals verschärft wurde. Ein Ruf nach dem Zurück zur alten Hochschule verkenne die Rolle, die Wissenschaft in der kapitalistischen Gesellschaft von Beginn an gespielt habe, und sei deshalb eine vergebliche und wenig zu begrüßende Forderung, vielmehr wäre zu fragen, weshalb die Reformen jahrelang so widerstandslos hingenommen wurden. Im Vortrag soll Stapelfeldts Kritik in wesentlichen Punkten referiert und ins Verhältnis zu den aktuellen Protesten an den Hochschulen gebracht werden. Inwieweit ist es über den Ausdruck von Frust und Angst hinaus bisher überhaupt gelungen, die Ursachen des studentischen Elends zu bedenken und zu thematisieren? | ||
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Aktuelle Version vom 26. Januar 2010, 15:12 Uhr
Vortrag von Till Grefe (Autor der politischen Wochenzeitung Jungle World)
Im Januar 2007 publizierte der Hamburger Soziologe Gerhard Stapelfeldt unter dem Titel „Der Aufbruch des konformistischen Geistes“ zwölf Thesen zur neoliberalen Reform der Hochschulen. “Die neoliberale Universität zerstört die Bildung, setzt die Lehre herab, verwandelt Studierende in autoritäre Charaktere und läßt die Idee der Wahrheit hinter sich. Das alles geschieht unter der proklamierten Zielsetzung, Forschungsleistungen zu steigern und die Lehre effektiver zu gestalten. Die Universität wird reformiert, bis sie liquidiert ist,“ so der Verlag Dr. Kovac in seiner Ankündigung zu Stapelfeldts Buch. In seinen Thesen orientiert sich Stapelfeldt am Vernunftbegriff Kants und dem Kritikverständnis der Frankfurter Schule. Der Bogen der Thesen reicht von einer Begriffsbestimmung von Bildung und Wissenschaft hin zu einer Kritik des aktuellen Aufklärungsverrats. Stapelfeldt erläuterte am Beispiel seines eigenen Instituts die Auswirkungen von Globalisierung, europäischer Integration und aktueller Hochschulpolitik auf die Realität des universitären Betriebes. Nicht die Formung von Wissen zur Ware sei das Hauptkennzeichen dieser Reformen, sondern vielmehr, dass die schon existierende Logik der Verwertbarkeit in ihnen nochmals verschärft wurde. Ein Ruf nach dem Zurück zur alten Hochschule verkenne die Rolle, die Wissenschaft in der kapitalistischen Gesellschaft von Beginn an gespielt habe, und sei deshalb eine vergebliche und wenig zu begrüßende Forderung, vielmehr wäre zu fragen, weshalb die Reformen jahrelang so widerstandslos hingenommen wurden. Im Vortrag soll Stapelfeldts Kritik in wesentlichen Punkten referiert und ins Verhältnis zu den aktuellen Protesten an den Hochschulen gebracht werden. Inwieweit ist es über den Ausdruck von Frust und Angst hinaus bisher überhaupt gelungen, die Ursachen des studentischen Elends zu bedenken und zu thematisieren?
Dienstag, 26.01. 18:30 Uhr
Treffpunkt im Foyer des POT81