Ausformulierter Forderungskatalog Stand 08.12

Aus POT81
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PDF Stand 8. Dezember 2009


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Was ist Bildung? Ist Bildung mehr als Credit-Hascherei und Prüfungslast? Ist Bildung mehr als modularisierte straffe Prüfungsordnungen und Kampf um begrenzte Studienplätze? Ist Bildung mehr als die Regelstudienzeit, vielleicht sogar mehr als Stoff zu pauken, aufzuschreiben, zu vergessen? Wir setzen uns für ein Bildungssystem ein, dass den Bedürfnissen einer pluralistischen Gesellschaft genüge tut. Dabei sollte der Mensch im Zentrum stehen, nicht ausschließlich wirtschaftliche Gedanken. Mit Sorge betrachten wir die Entwicklungen der letzten Jahre, die diese Vorstellung Stück für Stück bis zur Unkenntlichkeit verunstalten. Die Verflechtung von wirtschaftlichen Interessen mit Forschung und Lehre verankerte den Wettbewerbsgedanken in allen Bereichen der Hochschulen. Aus Bildung wurde Ausbildung. Sei belastbar, passe dich an und du wirst siegen. Höher, weiter, schneller - alles in einem Takt und schau nur nicht zurück, sonst wirst du die Gräber sehen, über welche du steigen musstest, um nicht den Anschluss zu verlieren.

Forderungen

Wir haben bewusst keine Forderungen vor der Besetzung des POT81 festgelegt. Es ist unser Anliegen, einen Raum für Kritik zu schaffen und konkrete Probleme an unserer Studiensituation zu benennen. Hier werden Lösungsansätze erarbeitet und politischer Druck aufgebaut. Bei einem Vorwegnehmen der Forderungen wären wichtige Meinungen eventuell nicht berücksichtigt worden. Die vorliegenden Forderungen scheinen sich in einigen Punkten auf den ersten Blick zu widersprechen. So könnte hier kritisiert werden, dass der Abbau von Zulassungsbeschränkungen mit einem verbesserten Betreuungsverhältnis unvereinbar sei. Wäre der elementare Wert der Bildung für eine Gesellschaft aber anerkannt, müssten die Verantwortlichen alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um den Idealzustand gezielt anzustreben. Es stellt sich hier also vor allem die Frage nach dem politischen Willen.

Allgemein

Nicht nur Ausbildung, sondern auch Bildung als Selbstzweck gewährleisten

Der Druck des wirtschaftlichen Wettbewerbs auf Studierende und Hochschulen führt zur Verdrängung einer ganzheitlichen Bildung zugunsten einer rein zweckorientierten Ausbildung. Bildung ist die elementare Vorrausetzung für eine pluralistische Gesellschaft. Im Gegensatz zur Ausbildung beinhaltet Bildung eine umfassende kritische Auseinandersetzung mit den verschiedensten Themen, die für eine funktionierende Demokratie unerlässlich sind. Wir fordern:

  • keine Ausbildung, sondern Studium (lateinisch studere: „(nach etwas) streben“)
  • keine auf Wirtschaft abgestimmte Lehre (Vgl. Freiheit von Forschung und Lehre), sondern ein vielschichtiges Studium mit Möglichkeiten der fachfremden Weiterbildung

Garantie der Freiheit von Forschung und Lehre

Mit der Abhängigkeit von Drittmitteln werden Wissenschaftler zu Dienstleistern, womit die Forschung zum Selbstzweck ihre Bedeutung verliert. Ein ständiges ergebnisorientiertes Arbeiten - zum Einwerben von weiteren Drittmitteln - führt zur Einschränkung des Blickwinkels und langfristig zu einer Einheitsmeinung. Kritische Forschung wird hierbei keine Berücksichtigung mehr finden. Durch die Ökonomisierung der Forschung werden Effizienz und Tempo den Platz der Qualität einnehmen, worunter auch die fundierte Lehre leiden wird. Erfahrungsgemäß versuchen Staaten ihre Ausgaben durch Privatisierung zu senken, dieser Trend lässt sich auch im Bildungssektor nachvollziehen . Wir fordern:

  • Ausfinanzierung der Hochschulen u.a. durch Beteiligung des Bundes.
  • Drittmittel sollen ausschließlich ergänzend herangezogen werden.
  • Übergang: Drittmittelausgleich für Geistes- und Sozialwissenschaften.
  • kein Einfluss von Drittmittelgebern auf Lehrinhalte und Forschungsergebnisse(Vgl. HRG § 4 Absatz 2ff.).
  • Kritische Wissenschaften sollen stärker repräsentiert werden(Vgl. HRG § 4 Absatz 2ff.)
  • Methoden und Ergebnisse (v.a. Kritische Wissenschaften) sollen innerhalb der Hochschule grundsätzlich reflektiert werden(Vgl. HRG § 4 Absatz 2ff.).

Abschaffung von Studiengebühren weltweit und die gesetzlich verankerte Gebührenfreiheit von Bildung

In Sachsen werden gegenwärtig für das sogenannte Erststudium keine Studiengebühren erhoben. Ein Zweitstudium ist generell gebührenpflichtig, auch für sonstige Weiterbildungsangebote wie Abendstudium, Fernstudium, etc. werden Gebühren verlangt. Entsprechend des noch umzusetzenden Koalitionsvertrages der Landesregierung von Sachsen wird es zur Einführung von Studiengebühren für Langzeitstudierende kommen. Dies wurde im Gespräch mit der Staatsministerin Prof. Sabine von Schorlemer des Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst am Freitag, dem 20.11.2009, bestätigt. Sie beantwortete nicht, ab welcher Überschreitung Studierende zahlen müssen. Es wurde nur ausgeführt, dass bei einem "Missbrauchstatbestand" eine Gebühr fällig werden wird. Dies gilt insbesondere "bei deutlicher Überschreitung der Regelstudienzeit". Im Allgemeinen wirken Studiengebühren abschreckend auf potentielle Studienanfänger (Vgl. HIS-Studie). Wir sind der Meinung, dass Bildung grundsätzlich gebührenfrei sein sollte, da eine mündige Bevölkerung für die Gesellschaft unerlässlich ist. Wir fordern:

  • Das weltweite Verbot von Studien- und Bildungsgebühren jeglicher Art.
  • Abschaffung der SächsHGebVO.

Finanzielle Unterstützung Studierender

In Deutschland herrscht seit Jahrzehnten einen Akademikermangel. Durch Studiengebühren, hoch verzinste Studienkredite und den stets niedrigen BAföG-Satz werden viele Studierwillige vom Studium abgeschreckt oder sind gezwungen, neben dem Studium zu arbeiten. Im Zuge der immer straffer werdenden Stundenpläne wird es immer schwieriger, das Studium in der Regelstudienzeit zu absolvieren. Bei einer Überschreitung der Regelstudienzeit werden Bafög und viele Studienkredite jedoch nur noch in Sonderfällen bewilligt. Die Stipendien der Begabtenförderungswerke erreichen zum Großteil den Nachwuchs der Mittel- und Oberschicht, lediglich 9% der Stipendiaten kommen aus Einkommensschwachen Familien. Bildungschancen, unabhängig von der sozialen Herkunft, sind ein grundlegender Bestandteil einer durchlässigen Gesellschaft. Wir fordern:

  • elternunabhängiges BAföG, drastische Erhöhung des BAföG-Freibetrages und der BAföG-Sätze
  • langfristig die Einführung tilgungsfreier Studienfinanzierung
  • Abkehr vom Stipendienmodell der Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU/FDP, welches die „Verheiratung“ der Hochschulen mit der Wirtschaft verstärkt und einen klaren Trend zur Privatisierung von Bildungsfinanzierung darstellt.

Kritik an Exzellenzinitiativen

Die Exzellenzinitiative hat sich der Aufgabe verschrieben, einige Hochschulen mit vermarktungsfähigen Forschungsergebnissen auszuzeichnen. Jene Hochschulen erhalten zusätzliche Unterstützung durch den Bund. Andere Hochschulen gehen dabei nicht nur "leer" aus, sie werden im Vergleich zu den "Exzellenzunis" noch weiter degradiert. In enger Kooperation mit der Wirtschaft soll die Attraktivität einzelner Wissenschaftsstandorte und der Wettbewerb zwischen den Hochschulen gestärkt werden. Die Lehre wird hierbei jedoch nicht mit einbezogen. Wir fordern:

  • Abschaffung der Exzellenzinitiative
  • Flächendeckende Hilfe zur Ausfinanzierung der Hochschulen durch den Bund

Freier Zugang zur Hochschule

Durch bürokratische Hindernisse und Überreglementierung ist es Bildungsinteressierten nahezu unmöglich, sich an Hochschulen lebenslang zu bilden. Die wenigen Projekte wie Senioren- und Kinderuniversitäten sind nicht der breiten Bevölkerung zugänglich und somit "Alibi"- Veranstaltungen. Die Hochschule muss Bestandteil der Gesellschaft und Ort des Austausches sein. Sie darf sich nicht von ihr durch Zugangshürden absondern. Demokratie lebt von einer gebildeten, mündigen Bevölkerung. Wir fordern:

  • Jedem Interessierten soll es grundsätzlich möglich sein, sich weiterzubilden und nach Bedarf einen Abschluss zu erreichen.
  • Dafür dürfen keine Gebühren erhoben werden.

Hochschule Dresden

Erhalt der Volluniversität TU Dresden

Wir sind der Meinung, dass die Bildung von Menschen allumfassend und nicht nur verwertungsbezogen praktiziert werden sollte. Dazu ist es notwendig, dass das Bildungsangebot alle lebensgestaltenden Bereiche abdeckt. Technik und Kultur sollten nicht in Konkurrenz, sondern im aktiven Austausch zueinander stehen. Leider gibt es an der TU Dresden Tendenzen, einige Fakultäten (finanziell) zu bevorzugen und das Studienangebot zu begrenzen. Als Beispiel sei hier die Einstellung des Jura-Staatsexamens erwähnt. Wir fordern:

  • Gleichwertige Finanzierung der Fakultäten, Drittmittelausgleich (z.B. bei Geisteswissenschaften)
  • Breit gefächertes Spektrum von Disziplinen erhalten und ausbauen.

(Finanzielle) Transparenz der Hochschulen

Durch die ungenügende Grundfinanzierung der Hochschulen sucht sie stets nach neuen Möglichkeiten, um aufwendige Forschung und Lehre zu finanzieren. Drittmittel stellen dazu ein probates Mittel dar, schaffen aber Probleme. Die Zweckbindung derer führt zur Beeinflussung von Forschung und Lehre. Die intransparente Finanzpolitik der Hochschule macht es unmöglich, eine Einsicht in die Verteilung und die Herkunft der Mittel zu nehmen. Entscheidungsgremien tagen meist fern der Öffentlichkeit und erschweren so den Einblick in die politischen Vorgänge der Hochschule. Die Partizipationsmöglichkeiten jedes Einzelnen werden hierbei nicht hinreichend berücksichtigt. Als Betroffene der in den Gremien gefällten Entscheidungen haben die Studierenden die Aufgabe und das Recht, den politischen Diskurs zu begleiten und nachzuvollziehen. Wir fordern:

  • Einberufung öffentlicher Versammlungen und Aufklärung über Verwendung der Gelder des Landes für Forschung und Lehre.
  • Offenlegung der Verwendung der Gelder des Landes für Forschung und Lehre
  • Offenlegung von Herkunft und Verwendung aller Drittmittel
  • Gremiensitzungen der Öffentlichkeit zugänglich machen und Veröffentlichung aller Protokolle
  • Öffentliche Sitzungen des Rektorats
  • Einberufung der StuKos und lückenlose Aufklärung über Rechte und Pflichten.
  • Offenlegung des Gebührenkatalogs der TU Dresden

Möglichkeit individueller Schwerpunktsetzung im Studium

Durch die Verkürzung der Regelstudienzeit und die Einführung des Bachelor -und Mastersystems hat sich der Workload der Studierenden vervielfacht. Den Studierenden ist es dadurch nur in eingeschränktem Maße möglich, sich fächerübergreifend an der Hochschule individuell fortzubilden oder sich außerhalb des Studiums zu engagieren. Auch für die Vertiefung einzelner Studieninhalte fehlt oft die Zeit. Wir fordern:

  • Studienordnung freier und flexibler gestalten: Man muss sich aussuchen können, wann man welche Veranstaltung belegt.
  • Weniger Pflichtveranstaltungen.
  • Leichte Integration von frei gewählten Studieninhalten aus anderen Fakultäten in den eigenen Studiengang. Dabei sollen dort erarbeitete Credits anerkannt werden.
  • Credits sollen auch außerhalb der Hochschulen, beispielsweise durch lebenslanges Lernen oder gesellschaftliches Engagement, erworben werden können.

Abbau von Zulassungsbeschränkungen durch Ausbau von Studienplätzen

Dem Mangel an Kapazitäten der Hochschulen hinsichtlich der Raum- und Betreuungssituation wird zurzeit mit Zulassungsbeschränkungen begegnet. Zugleich lässt sich ein allgemeiner Trend feststellen, mit Hilfe jener Zulassungsbeschränkungen die angeblich "Geeignetsten" für einen Studiengang zuzulassen. Der NC sagt nichts darüber aus, wie man mit dem jeweiligen Studienfach zurechtkommt. Der NC führt dazu, dass Studierende, sich entgegen ihrer Ursprungsmotivation, für ein alternatives Studienfach entscheiden müssen. Dementsprechend hoch ist die Abbrecherquote. Dies widerspricht dem Ziel, dem Fachkräftemangel durch eine Steigerung der Studienanfängerquote zu begegnen. Generell muss die Chance gegeben sein, sich nach den eigenen Interessen zu bilden. Wir fordern:

  • Durch den massiven Ausbau der Raumkapazitäten und Betreuungsverhältnisse Studienplätze für alle zu ermöglichen.
  • Grundsätzliche Abschaffung des NC.
  • Solange noch nicht genügend Studienplätze für alle vorhanden sind, sollen fächerbezogene Aufnahmeprüfungen als bessere unter schlechten Alternativen abgehalten werden.
  • Bereits bestandene Eignungstests sollen eine mehrjährige Gültigkeit besitzen.

Abschaffung der KapVO

Die Kapazitätenverordnung (KapVO) zielt deutschlandweit darauf ab, im Zusammenhang des Berufsfreiheitsgesetzes einen einheitlichen Normwert zur Zulassungsbeschränkung zu schaffen. So wird für jeden Studiengang ein verbindlicher Curricular-Normwert (CNW) errechnet, der den Betreuungsbedarf oder den Personalaufwand pro Student angibt. Der angenommene Betreuungsbedarf hängt von der Zahl der Vorlesungen, Seminare und Prüfungen ab; je mehr Vorlesungen und je weniger Seminare, desto geringer der Personalaufwand, desto geringer der CNW. Die dabei eingesetzten mathematischen Formeln sind aufgrund ihrer Komplexität für die Allgemeinheit nicht nachvollziehbar. Einige Unis versuchen die NC Schranke durch persönliche Auswahlverfahren zu umgehen, was der Grundidee der KapVO vollständig zuwiderläuft. Die Praxis der KapVO steht im Missverhältnis zur Autonomie der Hochschulen und unseren vorrangegangen Forderungen nach besseren Betreuungsverhältnissen. Wir fordern:

  • Die Abschaffung der KapVO.
  • Schaffung eines transparenten hochschulinternen Studienplatzvergabeverfahrens.

Kulturelles Leben an der Hochschule fördern

Hochschulen sind nicht ausschließlich ein Ort der Bildung, vielmehr stellen sie einen eigenen Mikrokosmos der Kulturen dar. Um die Entfaltung des kulturellen Lebens nicht zu hemmen, ist es uns wichtig mehr selbstbestimmte Räume zu schaffen. Hier können sich Menschen treffen und gemeinsam einen Nährboden für kulturelle Vielfalt schaffen. Als ein mögliches Konzept sei ein Studenten-Café genannt, welches diese Belange erfüllen könnte. Wir fordern:

  • Einen studentisch selbst verwalteten Freiraum.

Ausbau der Raumkapazitäten

An der TU Dresden herrscht Raummangel. Teilweise werden Kurse am Samstag abgehalten, da in der Woche alles belegt ist. Überfüllte Seminare werden in viel zu kleinen Räumen abgehalten, Studierende müssen nicht selten auf dem Boden sitzen. Der Geburtenrückgang wird dieses Problem nicht lösen, da die Hochschulen und das Ministerium die Studienzahlen halten wollen . Wir fordern:

  • Mehr Räumlichkeiten, insbesondere für die Seminare und Übungen, um dem Raummangel effektiv zu begegnen und gleichzeitig eine wichtige Voraussetzung für kleinere Seminare zu schaffen.

Nachhaltige, kontinuierliche Qualitätssicherung und Verbesserung der Studiengänge

Jede Fakultät strukturiert ihren Bachelor bzw. Master nach eigenem Ermessen. Studienordnungen und deren Änderung müssen zwar durch den Senat beschlossen werden, aber eine Kontrolle der weiteren Entwicklung der Studiengänge findet im Nachhinein nicht statt. Somit obliegt es den einzelnen Dekanen, Prodekanen und StuKos die Studiengänge zu sichern bzw. zu verbessern. Eine Akkreditierung dient zwar im Grunde diesem Zweck, aber die Überprüfung findet nur alle 5 bis 7 Jahre statt. Die Auslagerung der Akkreditierung in private Agenturen verschärft die Unvergleichbarkeit der Studiengänge, ermöglicht intransparente Verfahren und profitbezogenes Verhalten seitens der Akkreditierungsanstalten. Verbesserungsvorschläge an den Studienordnungen scheitern in den Studienkommissionen mit der Begründung, dass der Studiengang akkreditiert sei und dies eine nachträgliche Änderung ausschließe. Wir fordern:

  • eine Umstrukturierung des Akkreditierungswesens. Der Bund muss Akkreditierungsämter zur Verfügung stellen, statt diese Aufgabe in private Agenturen auszulagern und dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb zu unterwerfen.
  • Die Akkreditierung erfolgt gebührenfrei. Änderungen der Studienordnung nach der Akkreditierung müssen durch Re-Akkreditierung jederzeit möglich sein.
  • Die Akkreditierung darf nicht als Vorwand herhalten, die Studienordnungen nicht zu verbessern.
  • Die Interessen der Studierenden müssen maßgeblich in die Ausarbeitung und Evaluation der Studienordnungen einbezogen werden.
  • Die Studienkommissionen müssen die Studienordnungen in regelmäßigen Abständen evaluieren.
  • Keine Systemakkreditierungen. Jeder Studiengang muss einzeln überprüft werden.
  • Stärkung des studentischen Einflusses im Akkreditierungsrat

Evaluation der Lehre

Unter dem Stichpunkt "Qualitätssicherung" wird durch das Sächsische Kompetenzzentrum für Bildungs- und Hochschulplanung (KfBH) an der TU Dresden seit 1995 die Evaluation der Lehre in Form von anonymer Datenerhebung mittels Evaluationsbögen durchgeführt. Seit 1998 gibt es ein weitestgehend einheitliches Befragungssystem, das maschinenlesbare Fragebögen nutzt. Die Art der Befragung ist aussagelos, da die Antwortmöglichkeiten subjektiv weit auslegbar sind. Dabei ist die durch die Evaluationsbögen angestrebte "Qualitätssicherung" der Lehre eher ab- als zuträglich. Die Probleme der Evaluation sind dabei je nach Studiengang unterschiedlich und müssen auch "individuell" bezüglich der einzelnen Studiengänge betrachtet werden. Die Evaluation der Lehre vermittelt den Studierenden das Gefühl, über die Evaluation einen Einfluss auf die Lehre nehmen zu können. Tatsächlich werden die Evaluationsbögen lediglich statistisch ausgewertet und bleiben ohne reelle Konsequenzen. Damit werden die Studierenden daran gehindert, ihre Kritik am Lehrstil der Dozenten wirkungsvoll zur Sprache zu bringen und in einem offenen Diskurs mit den Lehrenden an einer Verbesserung der Lehre zusammenzuarbeiten. Wir fordern:

  • Abschaffung der Evaluation in der heutigen Form.
  • Eröffnen einer Möglichkeit für Studierende, sich kritisch und offen in einer Diskussion mit den Lehrenden um die Verbesserung der Lehre zu bemühen, zum Beispiel:
  • Unterstützung und Einführung eines "Meet your Prof"-Diskussionsstammtisches: Die Erfindung des FSR Physik "Meet your Prof" bietet Studierenden die Möglichkeit, sich mehrmals im Semester am Diskussionstisch zu treffen und dazu einen Professor einzuladen. In lockerer Atmosphäre können Studienanfänger das Gespräch mit den Dozenten suchen. Dabei gewinnen die Lehrenden und Studierenden gegenseitiges Vertrauen, welches beide Seiten für konstruktive Kritik sehr empfänglich macht und der Anonymisierung an der Universität effektiv entgegenwirkt.

Keine verpflichtenden Prüfungseinschreibungen

Prüfungseinschreibungen sind für die Studierenden eine verbindliche Zusage. Diese können zwar bis zu 3 Werktagen vor der zu erbringenden Prüfungsleistung zurückgezogen werden, jedoch ist dazu eine gewisse Voraussicht von Nöten. Danach ist es lediglich möglich, von der Prüfung mit einem ärztlichen Attest zurückzutreten. Es sollte jedem Studierenden überlassen werden, wann er sich in der Lage sieht, die erforderliche Prüfungsleistung abzulegen. Wir fordern:

  • Wertung der Einschreibung als Prüfungsabsicht.
  • Die Prüfung soll erst verpflichtend sein, wenn der zu Prüfende beim angesetzten Prüfungstermin erscheint und sich in der Lage sieht, diese abzulegen.
  • Der zu Prüfende soll außerdem nicht in der Bringschuld eines ärztlichen Attests sein (Privatsphäre).

Möglichkeit zur Teilzeitstudierbarkeit in allen Studiengängen

Die derzeitigen Studienordnungen sind auf den Vollzeitstudenten zugeschnitten. Dies verhindert lebenslanges Lernen und benachteiligt Studierende, die Beruf, Kinder oder Krankheit mit dem Studium vereinigen müssen. Wir fordern:

  • Das Teilzeitstudium soll ein Recht sein, das der Studierende unbürokratisch in Anspruch nehmen kann und kein "Almosen", das nur speziellen privilegierten Gruppen gewährt wird (vgl. Gremiensemester).
  • Abschaffung der Regelstudienzeit als Instrument, um die Studienzeit zu begrenzen. Beibehaltung einer Garantie in einer bestimmten Zeit studieren zu können.
  • Flexiblere Prüfungsmöglichkeiten.
  • Vorlesungen konsequent mit der Möglichkeit des Selbststudiums konzipieren.
  • Keine wichtigen Veranstaltungen außerhalb der Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen.

Ein klares Nein zur Einführung des Frühwarnsystems im Datennetz der TU Dresden

Zur Gewährleistung eines „ordnungsgemäßen Systembetriebes“, wie z.B. zur besseren Ressourcenplanung, dem Erkennen und Beseitigen von Störungen oder der Aufklärung und Unterbindung rechtswidriger und missbräuchlicher Nutzung, beabsichtigt das ZIH (Zentrum für Informationsdienste und Hochleistungsrechnen) der TU Dresden ein Frühwarnsystem einzurichten. Jenes System zielt darauf ab, jegliche Informationen über die Internetkommunikation zu speichern. Dabei ist zwischen den Kommunikationsströmen, die nach zwei Tagen gelöscht werden sollen, und den daraus erstellten Meta-Events zu unterscheiden. Meta-Events sind immer personenbeziehbar und sollen nicht gelöscht werden. Weder die Kommunikationsströme noch die Meta-Events werden anonymisiert. Von der Datenspeicherung sind alle Mitglieder der Hochschule betroffen, sowohl im Uniinternen WLAN-Gebrauch als auch in den Studentenwohnheimen. Dabei steht massive Eingriff in die Privatsphäre der Nutzer in keinem Verhältnis zur marginalen Steigerung der Sicherheit, die das Frühwarnsystem erbringen würde. Die Zahl der schweren Sicherheitsvorfälle ist in den letzten Jahren stark gesunken und das ZIH erreicht schon jetzt sehr hohe Dienstgüte im Datennetz. Dagegen wecken detaillierte Datensätze Begehrlichkeiten Dritter wie z.B. Polizei, Medienindustrie, Marktforschung und Werbeindustrie. Die Einführung des Frühwarnsystems wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit beschlossen. Da die erforderliche Hardware bereits angeschafft wurde, ist eine zeitnahe Inbetriebnahme geplant. Wir fordern:

  • Abschaffung des Frühwarnsystems.
  • Verbindliche Zusage der Verantwortlichen, keine ähnlichen Systeme zu etablieren.
  • Transparenz des ZIH.

Bologna Reform

Einberufung einer Studienkommission für jeden Bachelorstudiengang und Prüfung der Studien- und Prüfungsordnungen

Das Hochschulgesetz sieht Studienkommissionen für jeden Studiengang vor, welche die Studien- und Prüfungsordnungen konzipieren. Zusätzlich sind sie maßgeblich in die Planung der Lehrevaluation involviert. Die StuKo ist meistens für die gesamte Fakultät verantwortlich und deswegen kaum in der Lage, sich detailliert mit den einzelnen Studiengängen auseinander zu setzen. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die neu eingeführten Studiengänge gravierende Mängel aufweisen. Wir fordern:

  • Die zeitnahe Einberufung einer Studienkommission für jeden Studiengang, wie es im SächsHSG vorgesehen ist.
  • Regelmäßige Sitzungstermine und angemessene Entschädigungen für den daraus entstehenden Arbeitsaufwand.
  • Die Prüfung der Studiengänge auf ihre Studierbarkeit durch die Studienkommissionen.

Flexibilität und Mobilität des Bachelor-/Mastersystems tatsächlich umsetzen

Die Motivation der Bologna Reform war es, die Flexibilität und Mobilität im europäischen Hochschulraum zu erhöhen. Leider wurde dieses Ziel weit verfehlt, da viele erbrachte Leistungen aufgrund der unflexiblen Anrechnungspraxis der Hochschulen nicht anerkannt werden. Die straff durchorganisierten Verlaufspläne lassen zu wenig Spielraum, um den persönlichen Bildungsweg flexibel zu gestalten. Wir fordern:

  • Lockerung der Studienverlaufspläne.
  • Flexibler Umgang mit der Anrechnung von ECTS-Punkten und Modulen.

Reduzierung von Pflichtveranstaltungen und Prüfungslast

Die Umstrukturierung der Studiengänge hatte zur Folge, dass der heute in „Workload per Credit“ gemessene Arbeitsaufwand massiv gestiegen ist. Die Anzahl der Pflichtveranstaltungen hat sich signifikant erhöht. Dadurch bleibt den Studierenden wenig Zeit, außerhochschulisch tätig zu werden oder Inhalte zu vertiefen. Die gängige Praxis, jede Vorlesung mit einer Prüfungsleistung ab zu schließen, führt zu einem enormen Prüfungsdruck am Ende eines jeden Semesters. Wir fordern:

  • Die Menge an Pflichtveranstaltungen muss erheblich reduziert werden.
  • Die Prüfungslast muss reduziert werden. Es soll mehr Gebrauch von alternativen Leistungsnachweisen (Essays, Referate,...) gemacht werden, die flexibler über das Semester verteilt werden können.
  • Eine abschlussrelevante Prüfung pro Modul ist ausreichend.
  • Module sollen eigenständig sein und dürfen keine anderen Module als Voraussetzung haben.
  • Möglichkeit, jede nicht bestandene Prüfung zu wiederholen.

Bachelor als Regelabschluss? Wir wollen Masterplätze für alle

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, wurden die Bachelorstudiengänge in so gut wie allen Fällen auf drei Jahre begrenzt, damit der Wirtschaft möglichst schnell neues Fachpersonal zur Verfügung steht. Dabei wurde außer Acht gelassen, dass Fachpersonal auch eine dementsprechend tiefgreifende Ausbildung braucht, die beim Bachelor meistens nicht gegeben ist. Daraus resultiert eine mangelnde Anerkennung des Bachelors seitens der Unternehmen. Die Initiative "Bachelor Welcome " einiger führender deutscher Unternehmen stellt einen Versuch dar, die Anerkennung des Bachelors zu verbessern. Die Initiative zielt aber nicht darauf ab, die Gründe für die miserable Anerkennung des Bachelors zu beheben, vielmehr ist sie eine reine Imagekampagne. Des Weiteren stehen nicht ausreichend Masterplätze für alle Interessierten zur Verfügung. Der Konkurrenzkampf unter den Studierenden um die Masterplätze wird künstlich geschürt, dies führt zu erhöhtem Leistungsdruck und ist dem Lernklima an den Hochschulen nicht zuträglich. Wir fordern:

  • Masterplätze für alle.
  • Als Ausbildungsziel soll ein vollumfänglich nutzbarer Abschluss stehen, der einen ähnlichen Stellenwert wie das alte Diplom genießt.

Regelstudienzeit flexibilisieren

Im Zuge der Bologna Reform wurde die Studienzeit des Bachelors fast überall auf 3 Jahre begrenzt. Die alten Studieninhalte wurden dabei oft einfach übernommen, was bei den Studierenden zu einer kaum zu bewältigenden Arbeitslast führt. Andere Studiengänge wurden, um genau dieses Problem zu umgehen, viel oberflächlicher. Wir fordern:

  • Ausnutzen der Möglichkeit, den Bachelor je nach Bedarf auch länger als 6 Semester zu gestalten.
  • Wir fordern, dass die politischen Verantwortlichen auf allen Ebenen von den Ermessensspielräumen, die ihnen die Bologna Reform zugesteht, Gebrauch zu machen.
  • Anrechnung von (6-monatigen) Praktikumszeiten auf die Regelstudienzeit (z.B. Dipl.Erzw./SP).

Verbindliche Akkreditierung aller Studiengänge

Um die Vergleichbarkeit und Qualität der neuen Bachelor- und Masterstudiengänge zu wahren, wurde in europäischen Hochschulraum ein verbindliches Akkreditierungswesen geschaffen. Die Hochschulen stehen in der Verantwortung, ihre neu gestalteten Studiengänge bei privaten Akkreditierungsagenturen prüfen zu lassen. Die dabei entstehenden Kosten in Höhe von 10.000 €- 15.000€ sind von den Hochschulen zu tragen. Von der Antragsphase, in der die ersten Studenten immatrikuliert werden, bis zur vollständigen Akkreditierung können vier Jahre vergehen. In der Regel ist eine Akkreditierung fünf bis sieben Jahre lang gültig, dann ist der Studiengang gebührenpflichtig zu re-akkreditieren. Es können sowohl Programmakkreditierungen (einzelne Studiengänge), als auch Systemakkreditierungen (Stichproben der einzelnen Studiengänge der Hochschule mit dem Ziel, die ganze Hochschule zu akkreditieren) vollzogen werden. Neben den begrenzten Umfang (nur Minimalstandards) der schlechten, schleppenden Umsetzung und der mangelnden Kontrolle in der Praxis, scheitert die Akkreditierung auch an Systemfehlern. So bezahlen die Hochschulen die Agenturen selbst und können sich eine genehme Agentur aussuchen. Agenturen stehen so im Wettbewerb um möglich niedrige Ansprüche. Wir fordern:

  • Sicherstellung von Minimalstandards in allen Studiengängen.
  • Reform des derzeitigen Systems der Akkreditierung, siehe „Nachhaltige, kontinuierliche Qualitätssicherung und Verbesserung der Studiengänge“.


Studentische Mitbestimmung auf allen Ebenen

Wir, die Studierenden und damit die größte Gruppe an der Hochschule werden systematisch bei grundlegenden Entscheidungen nicht hinreichend berücksichtigt und übergangen. Als direkter Betroffener von Reformen ist es notwendig, dass alle Gremien ausreichend mit Studierenden besetzt sind und durch Studentische Ideen beeinflusst werden können.


Verlegung der Entscheidungsgewalt in die Organe mit Beteiligung aller Mitgliedergruppen Der Senat, das einzige üblich tagende Organ der Hochschule mit gesetzmäßiger studentischer Beteiligung, nimmt zur Festlegung des Fächer- und Studienangebotes gemäß § 81 Absatz 1 Nummer 16 SächsHSG oder zum Wirtschaftsplanentwurf gemäß § 81 Absatz 1 Nummer 7 SächsHSG nur Stellung.


Vertretung aller Mitgliedergruppen im Rektorat Das mächtige Rektorat muss kein studentisches Mitglied haben. Eine mögliche Soll-Bestimmung in der Grundordnung der Hochschule scheint im mehrheitlich mit Professorinnen und Professoren besetzten erweiterten Senat schier unmöglich umsetzbar. Durch die Intransparenz der Sitzungen mangelt es an einer kritischen Öffentlichkeit, die Entscheidungen nachvollziehen und beeinflussen kann.


Vetorecht der studentischen Vertretungen im Zusammenhang mit dem Studium und der studentischen Selbstverwaltung Der Senat entscheidet über eine Vielzahl von grundsätzlichen Belangen bezüglich des Studiums. Diese können trotz anteiliger Reglung gemäß § 81 Absatz 4 SächsHSG gegen den Willen der Studentinnen und Studenten entschieden werden. Das gilt besonders auch für die Organisation der Vertreter der Mitgliedergruppen (z.B. Festlegung der Wahlordnung).


Von Dritten unabhängige Hochschulen Ohne die Zustimmung des Hochschulrates, der überwiegend aus Externen besteht, ist kein Verabschiedung des Wirtschaftsplanes gemäß § 86 Absatz 1 Nummer 6 SächsHSG und des Entwicklungsplanes gemäß § 86 Absatz 1 Nummer 5 SächsHSG der Hochschule möglich. Die Entscheidung des Hochschulrates soll nur als Empfehlung gelten und darf keinen bindenden Charakter haben.


Offenen, konstruktiven und frühzeitigen Dialog mit den Mitgliedern der studentischen Selbstverwaltung Studentische Meinung wird derzeit eher als Störfaktor angesehen. Dabei wird übersehen, dass Studierende durchaus fähig sind, konstruktive Kritik an bestehenden Verhältnissen zu äußern. Diese wertvolle Meinung darf im hochschulpolitischen Organisationsrahmen nicht untergehen. Ein offener Dialog aller Mitglieder der Hochschule untereinander führt zu gegenseitigem Verständnis und Vertrauen, um die Hochschule im Sinne aller Beteiligten gemeinsam zu gestalten.

Studentischer Prorektor Die Einflussnahme der Studierendenschaft auf das Rektorat ist nahezu nicht vorhanden. Durch die weitreichenden Aufgaben und Kompetenzen des Rektorates und die damit einhergehende Verantwortung gegenüber der Studierendenschaft ist es ein logischer Schritt die studentischen Stimmen stärker in die Hochschulleitung einzubinden. Gemäß § 84 in Verbindung mit § 49 Absatz 2 und § 24 Absatz 2 Satz 1 SächsHSG ist die gesetzliche Grundlage dafür gegeben.

Abschlussbemerkung

„Verehrtes Publikum, jetzt kein Verdruß:
Wir wissen wohl, das ist kein rechter Schluß.
Vorschwebte uns: die goldene Legende.
Unter der Hand nahm sie ein bitteres Ende. […]
Das kam schon vor. Was könnt die Lösung sein?
Wir konnten keine finden, nicht einmal für Geld.
Soll es ein andrer Mensch sein? Oder eine andre Welt? […]
Der einzige Ausweg wär aus diesem Ungemach:
Sie selber dächten auf der Stelle nach
Auf welche Weis' dem guten Menschen man
Zu einem guten Ende helfen kann.
Verehrtes Publikum, los, such dir selbst den Schluß!
Es muß ein guter da sein, muß, muß, muß!"
(Frei nach Bertolt Brecht: Der gute Mensch von Sezuan)

Wollen wir weiterhin hinnehmen, dass Hochschulen aus Menschen Konkurrenten machen?
Wollen wir weiterhin die Privatisierung der Bildung kopflos abnicken?
Wollen wir weiterhin akzeptieren, dass ein elementarer Bestandteil unserer Gesellschaft, die Bildung, geraubt wird?

Dieser Forderungskatalog erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, er erhebt nicht den Anspruch auf endgültige Lösungen.
Dieser Forderungskatalog ist ein dringlicher Appell an alle Verantwortlichen: Ändern Sie die jetzige Situation mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln!
Dieser Forderungskatalog ist ein dringlicher Appell an alle Betroffenen: Reflektiert Eure Situation, formuliert eigene Kritikpunkte und bringt diese zur Sprache.
Handelt, denn wer handelt kann nicht ignoriert werden!